
Im August kehrte sich für einige Unternehmen ihre zuletzt sehr positive Kursentwicklung um. Zuversichtliche Erwartungen an die Konjunktur und die Auftragslage rücken allmählich wieder in den Vordergrund.
Irgendwann hat auch das schönste Kursfeuerwerk ein Ende. Lief es monatelang gut an der Börse, reichen schon kleine Schwächezeichen aus, um die Anleger zurückhaltender werden zu lassen. So schwächte sich für einige Unternehmen der starke Rückenwind des vergangenen Jahres zuletzt ab, so dass der August zu einem Monat der gefallenen Börsenstars wurde.
So erging es der Deutschen Lufthansa. In den zwölf Monaten bis Juni hatte sich der Aktienkurs um 113 Prozent auf zwischenzeitlich rund 17 Euro erhöht. Bis Ende August sackte der Wert des Papiers wieder auf 13,50 Euro ab. Die jüngst vorgelegte Halbjahresbilanz konnte keinen Investor glücklich machen. Das Betriebsergebnis fiel negativ aus.
Bis zum Sommeranfang überwog der Optimismus
Selbst das bereinigte Ergebnis ist um 70 Prozent gesunken. Finanzvorstand Simone Menne musste schon ihre gesamte Überzeugungskraft zusammennehmen, um die Verbesserungen gegenüber dem Vorjahr zu skizzieren. Die operative Profitabilität habe sich positiv entwickelt. Die Zahl der Flüge wurde stärker zurückgeführt als das Passagier- und das Frachtaufkommen, die Effizienz somit gesteigert.
Dennoch überwog bis zum Sommeranfang deutlich der Optimismus unter den Anlegern. Mit der Fokussierung des Europaverkehrs auf die Tochtergesellschaft Germanwings hat das Management einen Strategieschwenk gewagt. Davon erhofft sich die Fluggesellschaft deutliche Kosteneinsparungen. Analysten sehen das Unternehmen trotz der schmerzhaften Konkurrenz von asiatischen Wettbewerbern und erfolgreichen Billiganbietern nicht allzu schlecht. Immerhin 23 vom Branchendienst Bloomberg befragte Spezialisten sprechen immer noch eine Kaufempfehlung aus, zehn raten dazu, das Papier zu halten. Nur vier halten einen Verkauf für günstiger.
In einem strukturell vorteilhafteren Umfeld befindet sich sogar der zweite Verlierer des vergangenen Monats: der Medizintechnikhersteller Drägerwerk. Zwischen November und Juli war der Aktienkurs um 53 Prozent auf ein Allzeithoch von 107 Euro gestiegen. Seither gab es eine kleine Kurskorrektur. Im August verloren die Papiere rund 10 Prozent ihres Werts. Drei Jahre in Folge fuhr das Lübecker Unternehmen Rekordergebnisse ein.
Im März erhöhte sich für Besitzer von Vorzugsaktien die Dividende von 19 auf 92 Cent. Drägerwerk ist weltweit gut positioniert, zählt in allen wichtigen Märkten zu den Marktführern für Krankenhausinfrastruktur. Durch die Belieferung mit Verbrauchsmaterialien für die eigenen Geräte hat der Konzern recht sichere Absatzstrukturen. Zudem profitiert er von der besser werdenden Gesundheitsversorgung in Schwellenländern wie China oder Russland.
Die geldpolitische Diskussion tritt auf der Stelle
Zuletzt allerdings sind die Margen zurückgegangen. Weil im zweiten Quartal die Aufträge stagnierten, halten einige Analysten das Ziel einer Umsatzsteigerung um 2 bis 4 Prozent im Gesamtjahr für zu ehrgeizig. Für Aktionäre könnte sich Treue indes dennoch auszahlen. Schüttet das Unternehmen bislang 15 Prozent seines Überschusses an die Eigentümer aus, soll sich dieser Wert bald verdoppeln. Voraussetzung dafür ist, dass die Eigenkapitalquote von derzeit 34,6 wie geplant auf 40 Prozent steigt. Zudem zeigt sich Vorstandschef Stefan Dräger angesichts der gesunkenen Margen gelassen. Denn ein hoher Anteil des Gewinns geht in die Forschungs- und Entwicklungsabteilung und lässt auf weitere zugkräftige Produktentwicklungen hoffen.
Betrachtet man den gesamten deutschen Aktienmarkt, zählte der August zu den schwächeren Monaten. Insgesamt hat der F.A.Z.-Index, der 100 Werte umfasst, seit Jahresbeginn um 4,6 Prozent zugelegt. Im August verzeichnete er ein Minus von 1,4 Prozent. Die geldpolitische Diskussion tritt ein wenig auf der Stelle, so dass sich die Börse an den Gedanken gewöhnt, dass die amerikanische Notenbank ihre Anleihekäufe drosseln könnte, sobald sich die Konjunktur merklich aufhellt. In Europa gibt es Anzeichen dafür, dass sich die Wirtschaft stabilisiert.
Die Versicherungswirtschaft hat sich am schwächsten entwickelt
Zudem haben Investoren Turbulenzen um verschiedene Schwellenland-Währungen zum Anlass genommen, Kapital wieder in die vermeintlich stabileren Industrieländer zu transferieren. Die Enttäuschung über einige schwächere Halbjahresbilanzen hielt sich in Grenzen. Positiv nehmen die Börsianer auf, dass sich der Ifo-Index der Geschäftserwartungen zuletzt zum vierten Mal in Folge erhöht hat. Dass die Kurse dennoch zurückgingen, mag auch damit zu tun haben, dass mit den steigenden Anleiherenditen festverzinsliche Wertpapiere zumindest relativ wieder etwas an Attraktivität gewinnen. Im Auge haben die Anleger auch ein wichtiges politisches Konfliktfeld: Der Bürgerkrieg in Syrien droht zu einer internationalen bewaffneten Auseinandersetzung zu werden. Die Folgen für die Rohstoffversorgung sind nicht leicht zu kalkulieren.
Unter den Branchen hat sich die Versicherungswirtschaft zuletzt am schwächsten entwickelt. Üblicherweise schwanken die Kurse der Assekuranz-Unternehmen nicht besonders stark. Doch auch hier ging dem Rückgang um 6,8 Prozent auf Monatssicht ein deutlicher Anstieg in den Vormonaten voraus. Um 62 Prozent hat der F.A.Z.-Branchenindex für Versicherungen in den 14 Monaten seit dem vergangenen Juni zugelegt.
Analysten erklären das mit einer Korrektur der zuvor jahrelang unterdurchschnittlichen Entwicklung. Zwar ist die Branche von der Finanzkrise und insbesondere von der Niedrigzinsphase schwer belastet, doch in ihrem Kerngeschäft erzielen die großen Unternehmen hohe dreistellige Millionen- oder gar Milliardengewinne.
Am schwächsten hat sich der Aktienkurs des Rückversicherers Munich Re entwickelt. Im Vergleich zum Vorjahr waren es weniger kostspielige Naturkatastrophen, die das Ergebnis drückten. Stärker fallen ein verschlechtertes Kapitalanlageergebnis und verteuerte Absicherungsgeschäfte am Kapitalmarkt ins Gewicht. Zudem fährt eine der drei Säulen des Konzerns, die Sparte Munich Health, vor allem in den Vereinigten Staaten Verluste ein. Der größte Kursrutsch erfolgte direkt im Anschluss an die Halbjahreszahlen, die am 6. August vorgelegt wurden.
Doch schon während dieses Termins sagte Konzernchef Nikolaus von Bomhard, dass ihn eine Kursreaktion von 4 Prozent in die eine oder andere Richtung kaum schrecke. Aus ihm sprach die Gelassenheit eines Vorstandsvorsitzenden, der zwischen Juni 2012 und August 2013 eine Kurssteigerung von 58 Prozent zu verantworten hatte. Mit 153 Euro erreichten die Aktien ihren höchsten Wert seit Dezember 2002. Der Rückgang auf zuletzt 135 Euro lässt sich da offenbar verkraften, zumal weiterhin mehr Analysten (14) die Aktie zum Kauf empfehlen als zum Verkauf (7).
Die stärkere Ausrichtung auf China trägt Früchte
Scheinbar ungebremst verläuft das Comeback des Windanlagenherstellers Nordex. Die neueste Anlagengeneration mit 60 Meter langen Rotorenblättern erfreut sich eines reißenden Absatzes. Vor eineinhalb Jahren begann der neue Vorstandsvorsitzende Jürgen Zeschky die Umstrukturierung des Hamburger Unternehmens. Standorte in Amerika und China wurden geschlossen, dafür die Produktionsstätte in Rostock aufgerüstet.
Bis Ende vergangenen Jahres hatte sich der Aktienkurs auf nur noch 3 Euro reduziert. Umso beeindruckender erscheint die Entwicklung seither: Der Wert des Papiers hat sich verdreifacht. Im August setzte sich der vorher schon starke Anstieg mit einem Zuwachs von 40 Prozent fort. Mitte des Monats berichtete der Vorstand davon, dass aus einem zweistelligen Vorjahresverlust nun ein Gewinn von 15 Millionen Euro geworden ist.
Ähnlich begeistert zeigen sich die Anleger vom Motorenhersteller Deutz. An dem Auftragsplus von 20 Prozent im ersten Halbjahr zeigt sich, dass die stärkere Ausrichtung auf China vorerst Früchte trägt. Als das Unternehmen im ersten Halbjahr schwächelte, konnte es aber auch schon feststellen, dass die wachsende Abhängigkeit von der chinesischen Investitionsgüternachfrage auch ein erhebliches Risiko für das eigene Geschäft bedeutet.
