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Rückversicherer schwimmen im Geld

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Trotz großer Katastrophenschäden zeigen sich die Rückversicherer robust. Ihr Geschäft ist so attraktiv, dass es frisches Kapital anzieht.

Die Rollen vor dem jährlichen Rückversicherungstreffen in Monte Carlo sind klar verteilt: Die Makler betonen die Chancen ihrer Kunden auf günstigere Prämienraten, die Rückversicherer liefern Argumente für höhere Preise, und die Ratingagenturen versuchen, die Geschäftsrisiken zutreffend zu prognostizieren. Die drei großen Ratingagenturen sind sich dabei in ihren grundsätzlichen Einschätzungen einig. Moody’s, Fitch und Standard &amp- Poor’s sehen für die Branche einen stabilen Ausblick, wie sie im Vorfeld des „Rendez-vous de Septembre“ im Fürstentum am Mittelmeer sagen.

Aus Sicht von S&amp-P besteht eines der wichtigsten Risiken darin, dass die Branche weiter viel externes Kapital anzieht. Auf der Suche nach attraktiveren Anlagemöglichkeiten als festverzinslichen Papieren investieren Pensionskassen und Fondsgesellschaften im Rückversicherungsmarkt. Über Anlagevehikel wie sogenannte Sidecars oder Katastrophenbonds können sie Risiken zeichnen, die weitgehend unkorreliert mit den Finanzmärkten sind und die bei hohem Risiko bis hin zum Totalausfall hohe Verzinsungen bieten. Dieses zusätzliche Kapital führt aber auch zu einem Überangebot. Die Ratingexperten rechnen für dieses Jahr sogar damit, dass das Emissionsvolumen neuer Katastrophenbonds so hoch sein könnte wie im Rekordjahr 2007, als 7 Milliarden Dollar von Investoren für solche Anleihen eingesammelt wurden, mit denen sich die Geldgeber ab einer bestimmten Schadenhöhe an den Zahlungen beteiligen müssen.

Das im Markt vorhandene Eigenkapital beziffert S&amp-P auf 388 Milliarden Euro – noch nie war dieser Wert so hoch. Allein die 23 Unternehmen, die S&amp-P beobachtet, hätten 34 Milliarden Dollar mehr Kapital, als sie für ihre jeweilige Ratingstufe eigentlich benötigen würden. Diese Entwicklungen wirken sich für die Rückversicherer negativ auf ihre Prämienraten aus. Erstversicherer, die sich gegen Naturkatastrophen in Florida rückversichert haben, zahlten zur Mitte dieses Jahres 15 bis 20 Prozent weniger als im Vorjahr.

Wie die Grafik zeigt, kann die Branche derzeit auf sehr positive Kennziffern verweisen. Zwar betont der Munich-Re-Chef Nikolaus von Bomhard seit Jahren, dass hohe zweistellige Eigenkapitalrenditen der Vergangenheit angehören dürften, wenn die Risiken angemessen sind. Doch mit 14,4 Prozent erreichen die Rückversicherer hier in diesem Jahr einen beachtlichen Wert. Auch mit einer Schaden-Kosten-Quote von 88,1 Prozent erreichen sie ein langjähriges Tief. Nur 88 Cent müssen die Unternehmen für jeden Euro Prämieneinnahme für Schäden und eigene Kosten aufbringen.

Dieser Wert dürfte sich aber bei sinkenden Preisen in den kommenden Jahren verschlechtern, erwarten auch die Experten von Fitch. An ihrem stabilen Ausblick für die Branche wollen sie festhalten, sollte nicht ein Schadenereignis auftreten, das allein Zahlungen von mehr als 60 Milliarden Dollar nach sich zieht. Erst wenn ein solches Ereignis verbunden wäre mit einer plötzlichen Veränderung des Kapitalmarktzinses um 3 Prozentpunkte, würde dies die Unternehmen vor große Herausforderungen stellen.

Überhaupt teilen beide Ratingagenturen die Einschätzung, dass der Niedrigzins eines der bedeutendsten Risiken für die Branche ist. Er habe dazu geführt, dass die Rückversicherer ihre Risiken vorsichtiger zeichneten, weil sie Verluste in der Versicherungstechnik nicht mehr mit Erlösen aus der Kapitalanlage verrechnen können. Im Vergleich zu Erstversicherern müssten die Rückversicherer aber nicht so lange Laufzeiten für ihre Kapitalanlage festlegen. Dadurch seien sie auch weniger anfällig für einen plötzlichen Zinsanstieg, schreiben die Ratinganalysten von Fitch.

Auf das kontinuierlich zunehmende Kapitalangebot in der Branche hätten die Unternehmen schon in der Vergangenheit sinnvoll reagiert, heißt es in der Einschätzung von Moody’s. Die Rückversicherer selbst trieben die Entwicklung des Verbriefungsmarktes voran und profitierten entsprechend auch davon. Allerdings bestehe die Gefahr, dass das Zeichnen von Katastrophenrisiken in den Vereinigten Staaten mit der Zunahme neuer Akteure zu einem Massenprodukt werde, befürchtet Standard &amp- Poor’s. Die Rückversicherer müssten deshalb auf nützliche Dienstleistungen für ihre Kunden setzen. Kleineren Marktteilnehmern könne dabei auch die Spezialisierung auf bestimmte Sparten helfen.