Wirtschaft

Die Macht der Männer schwindet langsam

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Deutschlands Aufsichtsräte werden weiblicher – wenn auch nur langsam. Von der EU-Zielmarke sind die Unternehmen noch weit entfernt. In einigen Konzernen sind die Männer im Aufsichtsrat ganz unter sich.

Deutschlands Aufsichtsräte werden weiblicher – wenn auch nur langsam. 22 Prozent der 488 Kontrolleure aus den Dax-Konzernen sind aktuell Frauen, wie die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) in Frankfurt berichtete. Im Vorjahr waren es noch 19 Prozent.

Gleichwohl sind die Unternehmen noch weit entfernt von der von der EU-Kommission propagierten Zielmarke von 40 Prozent. In dieser Sphäre bewegt sich bislang nur Henkel mit einem Frauenanteil von knapp 44 Prozent (und mit der einzigen Aufsichtsratsvorsitzenden, Simone Bagel-Trah). Die Deutsche Telekom ist mit 35 Prozent nicht weit entfernt, Gleiches gilt für Allianz, Beiersdorf, Commerzbank und Deutsche Bank, wo der Frauenanteil jeweils bei 30 Prozent oder etwas mehr liegt. Ganz anders das Bild bei Fresenius und Fresenius Medical Care: Dort sitzt keine einzige Frau in den Aufsichtsgremien.

Renate Köcher liegt vorne

Die Frau mit den meisten Kontrollmandaten ist die Meinungsforscherin Renate Köcher, sie kontrolliert sowohl die Allianz als auch BMW und Infineon. In der Liste der einflussreichsten Kontrolleure der DSW schaffte sie es damit immerhin auf Rang 16.

Die mächtigsten Aufsichtsräte in Deutschland sind nach Einschätzung der Aktionärsschützer der ehemalige Henkel-Chef Ulrich Lehner und der frühere Bayer-Vorstandsvorsitzende Werner Wenning. In der Aufstellung der DSW mit allen Mandaten, die je nach Bedeutung mit Punkten gewichtet wurden, teilen sich die beiden den ersten Platz. Ulrich Lehner sitzt nicht nur den Aufsichtsräten der Deutschen Telekom und Thyssen-Krupp vor, sondern ist außerdem in den Kontrollgremien einer Reihe anderer Unternehmen vertreten, darunter Eon, Novartis und Porsche. Werner Wenning wiederum leitet die Kontrollgremien von Bayer und Eon und überwacht zudem die Geschäfte von Siemens und Henkel. „Ein paar Mandate weniger könnten es schon sein“, sagte DSW-Geschäftsführerin Jella Benner-Heinacher vor allem mit Blick auf die Verpflichtungen Lehners. „Ich wundere mich, wie er das terminlich hinkriegt.“ Insgesamt habe die Ämterhäufung in den vergangenen Jahren aber abgenommen. Man sehe die „letzten Ausläufer der Deutschland AG“.

Piëch ist Spitzenverdiener

Bestbezahlter Kontrolleur war im vergangenen Geschäftsjahr der Chefkontrolleur von Volkswagen, Ferdinand Piëch. Er erhielt für diese Aufgabe rund 1,1 Millionen Euro und damit das Dreifache eines durchschnittlichen Aufsichtsratsvorsitzenden eines Dax-Konzerns (314.000 Euro). Kritisch sieht die DSW, dass Unternehmen wie Commerzbank, Fresenius, SAP und VW die Bezahlung ihrer Aufsichtsräte an die Höhe der Dividende koppeln – eine Kennzahl, über die Aufsichtsräte mitentscheiden. Insgesamt überwiesen die 30 Dax-Gesellschaften ihren Kontrolleuren 75 Millionen Euro – gut 7 Prozent mehr als 2011 und auch mehr als im bisherigen Spitzenjahr 2007.