Europäische Union

Früherem Finanzminister droht Haftstrafe

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Griechenlands früherer Finanzminister Papakonstantinou wird beschuldigt, seine Verwandtschaft von einer Liste potentieller Steuerhinterzieher gestrichen zu haben. Das Parlament hat seine Immunität aufgehoben. Ihm drohen bis zu 20 Jahre Haft.

Das griechische Parlament hat am Dienstag mit deutlicher Mehrheit für die Aufhebung der Immunität des früheren Finanzministers Giorgos Papakonstantinou gestimmt und damit den Weg für eine mögliche Anklage des Politikers geebnet. Er wird beschuldigt, als Minister die Namen mehrerer Verwandter von einer Liste potentieller Steuerhinterzieher gestrichen zu haben. Griechenlands Regierung war die Liste im Jahr 2010 im Auftrag der damaligen französischen Finanzministerin Christine Lagarde übergeben worden. Das Verzeichnis enthält Namen von mehr als 2000 griechischen Bürgern, die auf Konten der Genfer Filiale der britischen HSBC-Bank hohe Geldbeträge eingezahlt hatten, doch stellten die griechischen Behörden nicht einmal Nachforschungen an. Stattdessen „verschwand“ die Liste.

Namen von vier Verwandten gelöscht

Papakonstantinou, Finanzminister von Oktober 2009 bis zu einer Kabinettsumbildung im Juni 2011, will sie an den damaligen Chef der griechischen Steuerfahndung weitergeleitet und danach ihre Spur verloren haben. Erst als eine öffentliche Diskussion über ihren Verbleib begann, „entdeckte“ Papakonstantinous Nachfolger, Evangelos Venizelos, der zu diesem Zeitpunkt allerdings ebenfalls schon nicht mehr Finanzminister war, eine Kopie des auf einem Massenspeicher (USB-Stick) übermittelten Dokuments in seinen Unterlagen. Es stellte sich heraus, dass von der Liste, die Papakonstantinou an die Steuerbehören weitergeleitet hatte, offenbar ausgerechnet die Namen von vier Verwandten des Ministers gelöscht worden waren. Regierungschef Antonis Samaras ließ daraufhin einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss einsetzen.

Papakonstantinou sieht sich als Sündenbock

Die Entscheidung zur Aufhebung von Papakonstantinous Immunität wurde auch von der Panhellenischen Sozialistischen Bewegung (Pasok) mitgetragen, in deren Regierung er Finanzminister gewesen war und deren Vorsitzender Venizelos ist. Papakonstantinou wehrte sich in einer Ansprache vor dem Parlament gegen die Beschuldigungen. Die Vorwürfe entbehrten jeder Grundlage und seien politisch motiviert, die parlamentarische Kommission sei voreingenommen gewesen. „Man hat einen Sündenbock gefunden, und alles man noch finden musste waren Vorwürfe, die man ihm aufzwingen konnte, sagte der ehemalige Minister.

Er sei deshalb das Ziel, weil zu seiner Zeit als Finanzminister die Sparpolitik begonnen habe, so Papakonstantinou sinngemäß. Zudem habe sein Nachfolger Venizelos, anders als er selbst, nichts veranlasst, um die Namen auf der Liste zu untersuchen und möglichen Steuerhinterziehern auf die Spur zu kommen. Nun müssen die zuständigen Richter entscheiden, ob gegen Papakonstantinou Anklage erhoben wird. Kommt es dazu und wird der ehemalige Minister schuldig gesprochen, droht ihm eine Haftstrafe von bis zu 20 Jahren Gefängnis.