Ausland

Prediger Fethullah Gülen: Soll der Prediger von der türkischen Regierung entführt werden?

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Wunschbild: Ein Anhänger Erdogans tritt Gülens Bild mit Füßen.

Für die türkische Regierung ist der in Pennsylvania lebenden islamische Prediger Fethullah Gülen Staatsfeind Nummer eins. Plant Ankara nun die Entführung Gülens aus Amerika?

In der westlichen Welt, der die Türkei qua Nato-Mitgliedschaft und EU-Beitrittskandidatenstatus formal weiterhin verbunden ist, hat das Wohlwollen für den einst hofierten türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan starken Schaden genommen, etwas gemildert allenfalls durch die strategische Bedeutung des von ihm kontrollierten Landes. Die Beziehungen zwischen der Türkei und den Vereinigten Staaten sind da keine Ausnahme. Sie waren schon in der zweiten Amtszeit Barack Obamas heikel und sind, anders als man sich das in Ankara anfangs erhofft hatte, unter dessen irrlichterndem Nachfolger nicht besser geworden. Anfangs war Donald Trump in Ankara mit viel Vorschusslob begrüßt worden. Während Erdogan und seine Medien sonst schnell mit dem Vorwurf der Islamophobie zur Hand sind, wenn sie über den Westen sprechen, überging man noch Trumps gröbste diesbezügliche Ausfälle mit auffälligem Schweigen.

Doch die Hoffnung, mit Trump „Deals“ aushandeln und ihn etwa von der amerikanischen Unterstützung für kurdische Freischärler in Nordsyrien abbringen zu können, hat sich verflüchtigt. Das Gleiche gilt für die Erwartung, unter Trump werde es zu einer Einigung über die Auslieferung von Fethullah Gülen kommen, des in Pennsylvania lebenden islamischen Predigers, der an der Spitze einer amorphen Bewegung steht, die an dem versuchten Militärputsch in der Türkei vom Juli 2016 beteiligt war. Für die türkische Regierung ist Gülen der Staatsfeind Nummer eins, ein gemeingefährlicher Terrorist und ein Demagoge im Schafspelz.

Als sich der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim in der vergangenen Woche zu seinem ersten offiziellen Besuch in den Vereinigten Staaten aufhielt, hat er in Reden und Interviews immer wieder vor Gülen und dessen „Terrororganisation Fetö“ gewarnt. In einer Rede vor in den Vereinigten Staaten lebenden Türken bekräftigte er die offizielle türkische Position, laut der „Fetö“ genauso gefährlich sei wie der „Islamische Staat“, und zwar vor allem für die Muslime selbst. Beides seien Terrorbanden, und beide „missachten die heiligen Werte des Islams und bedrohen den Frieden in muslimischen Ländern“, sagte Yildirim und forderte alle Muslime in den Vereinigten Staaten auf, sich von Schulen oder Kulturzentren der Gülen-Bewegung ebenso fernzuhalten wie von deren Mitgliedern. Zwar habe die „Terrorbande Fetö“ in der Türkei ihren Einfluss verloren, doch im Ausland setze sie ihren Feldzug gegen die Türkei fort. Gülen habe viele Glaubensbrüder in die Irre geführt, indem er sich als moderater Muslim geriert habe, obwohl er in Wahrheit nur „ein verfluchter Terrorist“ sei.

85 Kartons mit Unterlagen

Mit solchen Begründungen fordert die Türkei seit Juli 2016 die Überstellung Gülens in sein Geburtsland, damit er sich der dortigen unabhängigen Justiz stellen könne. Für die Türkei, sagte Yildirim bei einer Fragerunde mit amerikanischen Journalisten, sei der 15. Juli 2016, was „9/11“ für Amerika sei, weshalb seine Regierung erwarte, dass Washington den Auslieferungsantrag erfülle. Schließlich habe die Türkei „85 Kartons mit Unterlagen“ an die amerikanische Justiz übersandt.