Gesellschaft

Huckepack über den Ozean

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Schiff auf dem Schiff: Die Viermastbark „Peking“ am Sonntag in Brunsbüttel an Bord des Transportschiffs „Combi Dock III“

Der Segler „Peking“ ist aus New York an die Elbe zurückgekehrt. 1911 war seine Jungernfahrt, seither hatte er eine wechselvolle Geschichte. Jetzt soll er ins Museum.

Die Viermastbark „Peking“ – oder was von ihr noch übrig ist – ist von New York aus in der Elbe eingetroffen. Allein hätte der Segler die lange Reise über den Ozean nicht mehr machen können. Es ging deshalb auf der aus Bremen stammenden „Combi Dock III“ huckepack übers Meer, aber nur langsam, wegen des schlechten Wetters auf dem Atlantik. Das Dockschiff erreichte am Montagabend den Elbe-Hafen von Brunsbüttel. Dort wird die „Peking“ für den Weitertransport vorbereitet.

Am Mittwoch in aller Frühe soll die „Combi Dock III“ abtauchen. Dann bekommt die „Peking“ zum ersten Mal seit 85 Jahren wieder Elbwasser unter den Kiel – ein historischer Moment. Schlepper werden die Viermastbark aus dem Dockschiff ziehen. Für alle Freunde alter Segelschiffe: Der Konvoi lässt sich vom Elbdeich zwischen Brunsbüttel und Brokdorf aus beobachten. Die Fahrt geht dann in die Werft von Wewelsfleth. Die Gemeinde im Kreis Steinburg liegt an der Stör, der Weg dorthin beträgt elfeinhalb Seemeilen und führt unter anderem durch das Störsperrwerk, in gewisser Weise ein Nadelöhr für das Schiff und seine Begleitung. Am frühen Nachmittag jedenfalls soll das Segelschiff in Wewelsfleth sein.

Da gibt es dann viel zu tun. 300 Seiten lang ist die Liste für die Restaurierungsarbeiten. „Wir bekommen ein Schiff, das Hilfe richtig nötig hat“, hieß es vorab schon aus der Werft. Dort soll das Schiff wieder in den Zustand von 1927 versetzt werden, einschließlich Holzdeck und den ursprünglichen Laderäumen, in denen viele Jahre lang Salpeter und Schüttgut zwischen Hamburg und Chile transportiert wurde. In drei Jahren schließlich soll die „Peking“ endlich auch nach Hamburg zurückkehren. Sie soll im Hansahafen liegen – der Elbphilharmonie gegenüber.

Ein kompliziertes Manöver

In New York musste das etwa 170 Meter lange Bremer Dockschiff zunächst unter die 115 Meter lange „Peking“ tauchen, um beim Wiederauftauchen den Segler so zu greifen, dass er auch stabil darin stand – ein kompliziertes Manöver, das mehr als drei Stunden in Anspruch nahm.

Seit den siebziger Jahren hatte das Schiff in New York gelegen, im „South Street Seaport Museum“ am Pier 16 des East River. Dort führte es zuletzt allerdings nur noch ein Schattendasein. Betreten werden durfte es von den Museumsbesuchern schon lange nicht mehr. Die Wasserlinie ist so gut wie durchgerostet. Außerdem war das Schiff voll mit späteren Bauten, die zunächst einmal entrümpelt werden mussten – gleich mit dem Schneidbrenner.

Um überhaupt reisefähig zu werden, war die „Peking“ vom Museumshafen aus schon im September vergangenen Jahres in die Caddell-Werft auf Staten Island transportiert worden. Von dort startete vor elf Tagen die Fahrt in Richtung Hamburg. Das Museum in New York war vor einigen Jahren in finanzielle Schwierigkeiten geraten und wollte die „Peking“ verkaufen. Als sich niemand fand, sollte sie sogar verschenkt werden. Dass sie nun nach Deutschland zurückkehrt und in die Stadt, in der sie einst gebaut wurde, ist letztlich dem Bundestag zu verdanken. Der Haushaltsausschuss – der einflussreiche Hamburger SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs spielte dort eine wichtige Rolle – gewährte Ende 2015 für den Aufbau eines neuen Hafenmuseums in Hamburg 120 Millionen Euro, darin eingeschlossen 26 Millionen für den Rücktransport und die Sanierung der „Peking“ – das schönste und größte Ausstellungsstück in dem künftigen Museum.

Eine wechselvolle Geschichte

Das Schiff, eine Viermast-Stahlbark, wurde 1911 bei Blohm & Voss für die Ferdinand-Laeisz-Reederei gebaut. Es war ein sogenannter Flying P-Liner, eigentlich schon damals Geschichte, weil die Zeit der großen Segeltransportschiffe vorbei war. Aber für die Segelschiffe sprach noch immer, dass sie bis zu einem Vierteljahr unterwegs sein konnten bei minimalen Betriebskosten. Die Jungfernfahrt der „Peking“ führte im Mai 1911 nach Valparaíso. Der Großsegler wurde – mit einer Besatzung von rund 30 Seeleuten – zunächst als Frachtschiff für den Salpeterhandel mit Chile eingesetzt. Rund 4700Tonnen konnten in den Laderäumen unter Deck verstaut werden.

Reeder Laeisz verkaufte in Folge der Weltwirtschaftskrise das Schiff 1932 nach London, wo es zu einem stationären Schulschiff umgebaut wurde und fortan „Arethusa“ hieß. Es folgte eine wechselvolle Geschichte, bei der die Bark mehrfach Namen und Besitzer wechselte, bis sie Mitte der siebziger Jahre nach New York kam. Dort wurde sie – alles im Zusammenhang mit der 200-Jahr-Feier der amerikanischen Unabhängigkeit – originalgetreu wieder aufgetakelt. Auch ihr alter Heimathafenname „Hamburg“ prangte wieder am Heck.

Die „Peking“ ist einer von nur noch vier erhaltenen Flying-P-Linern auf der Welt. Baugleich ist die „Passat“, die seit Jahrzehnten in Lübeck-Travemünde liegt. Außerdem gibt es noch die „Pommern“ im finnischen Mariehamn und die ehemalige „Padua“, heute als russisches Segelschulschiff „Kruzenshtern“ unterwegs – als einziges noch voll fahrtüchtiges der vier. Ein weiteres Schwesterschiff, die „Pamir“, sank 1957 in einem Hurrikan- dabei kamen 80 Besatzungsmitglieder ums Leben.