Mode & Design

Accessoire auf vier Pfoten

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Galt einst als Ausdruck delikatester Zuchtkunst: Als exotische Trophäe kam der Mops aus China nach Europa.

Wie der Herr, so der Hund, heißt es. Warum also legen sich so viele hippe Großstädter einen Mops zu? Blick in die Kulturgeschichte eines Trendtiers.

Wo man geht und steht: Möpse. Helle Möpse, dunkle Möpse, große, kleine- alte schlurfende Möpse und junge quirlige. Möpse mit kurzen Schnauzen und solche mit längeren. Der sogenannte Sportmops liegt im Trend. Was für die Menschenwelt schon lange gilt – ein gewisser Hang zur Selbstoptimierung -, trifft nun auch auf den zu barocker Dicklichkeit gezüchteten Mops zu. Zum Glück, werden Tierschützer rufen. Das Thema ist seit Jahren ein heißes Eisen in der Szene. Gerade hat ein Mann aus Ingolstadt eine Mopszüchterin auf Schadenersatz verklagt. Die Händlerin habe ein durch Intensivzüchtung krank geborenes Tier verkauft, das unter epileptischen Anfällen, Atemwegsbeschwerden und einem Wasserkopf leide. Typische Mopskrankheiten sind des weiteren herausfallende Augen, Hüftschäden und chronische Sinusitis. Die Klage wurde abgewiesen. Dennoch statuierte der Fall ein Exempel: Das Thema Qualzucht ist gesellschaftsfähig geworden.

Wer heute die Nase vorn hat, entscheidet sich für einen Mops mit ausgeprägterer Schnauze, für einen, wie es in etlichen Stellungnahmen heißt, „natürlicheren“ Mops. Doch ist das nicht ein Widerspruch in sich, ein natürlicher Mops? Seit Jahrhunderten ist der kleine Molosser Ausdruck delikatester Zuchtkunst. Als exotische Trophäe aus China nach Europa verschifft, war er der natürliche Ausweis totaler Künstlichkeit. Ein Blick auf seine Kulturgeschichte zeigt, dass der Mops als Rasse nie äußeren Zwecken diente. Weder Jagd- noch Wachhund, bestand seine Aufgabe ausschließlich im Divertissement. Seit dem siebzehnten Jahrhundert galt er in Europa als Damenhündchen. Damit stand er stets im Verdacht, verzärtelt und schwächlich zu sein. Und: Ihm wurden nicht nur komische, sondern auch erotische Talente nachgesagt. Ein Hauch von Perversion umgab den kleinen Knautschhund seit eh und je. Dass ausgerechnet der Plural „Möpse“ im zwanzigsten Jahrhundert synonym für die weibliche Brust verwendet wird, überrascht bei der sexuellen Überdeterminierung des Namensspenders kaum.

Paradetier des Rokoko

Aufgrund all seiner kulturellen Zuschreibungen kann man heute mit Fug und Recht behaupten: Der Mops ist ein Spiegel der Gesellschaft, die ihn umgab und umgibt. An den Inflationen und Deflationen der Mopsmoden lassen sich die epochalen Ideologien ablesen. Der Mops mit seinen Falten und Rundungen war das Paradetier des verspielten Rokoko und damit nicht nur beliebtes Motiv in den königlichen Porzellanmanufakturen, sondern auch Accessoire des Harlekins in der Commedia dell’Arte. Mit dem Heranbrechen des bürgerlichen Zeitalters war ausgerechnet der Mops in seiner kindlichen Verspieltheit zunächst das ideale Wappentier einer Emanzipationsbewegung, die förmlich auf den Hund gekommen war. Um 1760 gab es einen sogenannten Mopsorden, der einerseits die freiheitlichen Ideale der Freimaurer vertrat und andererseits deren strenge Rituale parodierte. Einmal schaffte der Mops es nach diesem hochkomischen Auftritt noch in die Geschichtsbücher. Der Legende nach soll er Napoleon die runzelige Stirn geboten haben. Angeblich hat Fortuné, das Möpschen seiner Gefährtin Joséphine de Beauharnais, ihn in der Hochzeitsnacht ins Bein gebissen.