Mode & Design

Mit Wasserfarben für Dior

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Das Fechtkostüm (Frühjahr/Sommer 2017), aus der ersten Kollektion von Maria Grazia Chiuri für Dior.

In Zeiten von Instagram und Snapchat erscheint Mode-Illustration schon lange abgehängt. Trotzdem malt Mats Gustafson für Marken wie Dior und die Zeitschrift Vogue.

Es waren die späten Siebziger, Mats Gustafson selbst war zu der Zeit in seinen späten Zwanzigern. Der Schwede hatte sich in Paris in seine erste Modenschau verirrt. Er sollte über die Kollektionen für die britische Ausgabe der „Vogue“ berichten. Der Auftrag kam von der legendären Stylistin und Moderedakteurin Grace Coddington. Dann trat Musik-Legende Grace Jones auf den Laufsteg. Sie lief nicht einfach so, wie Models heutzutage laufen, einmal vor zu den Fotografen, dann zurück Richtung Backstage, ohne dabei eine Miene zu verziehen. Es waren schließlich die späten Siebziger. Grace Jones war die Sängerin der Show und zugleich Bar-Jacke Gustafsons Interpretation der Bar-Jacke (Frühjahr/Sommer 1947).

Magazine und Marken als Auftraggeber

Mats Gustafson ist kein Zeichner, der am Rand einer Modenschau sitzt und von dort aus seine Sicht der Dinge, Look für Look, direkt dokumentiert. „Das habe ich früher mal gemacht, aber die Schauen gehen ja so schnell vorbei. Ich schaue mir das Defilee lieber live an, verschaffe mir so einen ersten Eindruck. Anschließend arbeite ich auf der Basis von Videos und Fotos. Die Mode ist ja heute zum Glück ausreichend dokumentiert.“

Ausgerechnet ein Illustrator, der Chronist fürs Bleibende, kann sich nun also die schnellen Rhythmen der Kanäle von Google, Snapchat und Arizona (Herbst/ Winter 1948) Arizona (Herbst/ Winter 1948)

In diesem Jahr, da das Haus 70 Jahre alt wird, erscheint zum Jubiläum gleich eine Reihe schwerer Bildbände. Einer stammt von ihm („Dior by Mats Gustafson“, Rizzoli, 224 Seiten, 65 Euro). Zu sehen sind in dem Prachtband nicht nur Illustrationen der Dior-Looks aus den vergangenen Jahren, Simons‘ Interpretation der Bar-Jacke, eines der wichtigsten Stücke des Hauses, oder Chiuris Fechtkorsette mit rotem Herzen auf der Brust aus ihrer ersten Kollektion. Gustafson hat sich auch das Archiv vorgenommen. Die Frühwerke des Gründers sind seine liebsten Looks. „Die Mode muss natürlich stets in der Gegenwart sein. Aber trotzdem finde ich das, was Christian Dior zu Beginn gemacht hat, einfach großartig. Es ist die Grundlage. Auf der Basis dieser Entwürfe haben dann alle weiteren Designer für das Haus gearbeitet.“

Mode-Illustrationen vor dem Comeback?

Gustafson spricht über Looks aus einer Zeit, als eine Modeaufnahme so selten war wie heute ein Couture-Kleid. Damals waren Illustratoren die wichtigsten Chronisten der Mode. Nun wird wieder gesagt, die Zeichnung erlebe ein Comeback, als Gegentrend zu der Flut an beliebigen Instagram-Fotos und Snaps, die nach spätestens 24 Stunden ohnehin nicht mehr existieren.

Mats Gustafson „Mit einer Illustration kann ich ein Bild vereinfachen“: Mats Gustafson über seine Arbeit.

„Ich mache das jetzt schon eine ganze Weile“, sagt Gustafson. „Und ungefähr alle fünf Jahre höre ich, Modeillustrationen seien wieder im Kommen. Dann hört man wieder nicht so viel davon, und dann reden wieder „alle von einem Comeback“, sagt der Illustrator, der eine schwedische Färbung in seinem Englisch auch nach 37 Jahren in New York nicht abgelegt hat.

Zum Kern des Designs vorstoßen

„Aber Tatsache ist, dass Modeillustrationen nie weg waren.“ Gustafson muss das sagen, als jemand, für den das Handwerk seit der Sache mit Grace Jones so sehr Beruf wie Berufung ist. Was also kann eine Illustration, was ein Foto niemals schaffen wird? „Das versuche ich selbst mein ganzes Leben lang herauszufinden“, sagt er und lacht. Als er mit der Arbeit begann, galten Zeichnungen im Vergleich zur Fotografie schon als abgehängt, es gab bislang also schon Anlässe, darüber nachzudenken.

„Aber ich denke, es geht darum, dass ich ein Bild verdichten und vereinfachen kann und so zum Kern des Designs komme.“ Gut möglich, dass er deshalb so gut gebucht wird von Modemachern. Mats Gustafson ist nicht nur Chronist ihrer Arbeit. Er ist auch einer ihrer wichtigsten Mitarbeiter.