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Es lebe Amerikas Aktienmarkt

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Thomas Mayer ist Gründungsdirektor des Flossbach von Storch Research Institutes und Professor an der Universität Witten/Herdecke.

Seit der Wahl Donald Trumps haben sich die Börsen in Amerika gut entwickelt. Das hat aber nicht nur mit dem neuen Präsidenten zu tun.

Während viele Beobachter über die Wahl Donald Trumps zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten entsetzt waren, gab ihm Amerikas Aktienmarkt eine „Standing Ovation“. In den ersten drei Monaten nach Trumps Wahl ist der Aktienindex S&P 500 um knapp acht Prozent gestiegen. Das war die drittbeste Entwicklung nach der Erstwahl eines neuen Präsidenten seit dem Zweiten Weltkrieg. Besser als Trump schnitten nur John F. Kennedy (zwölf Prozent) und George Bush senior (gut acht Prozent) ab. Begleitet war der Anstieg der Aktienpreise von einem Rückgang ihrer (impliziten) Volatilität. Der Volatilitätsindex Vix sank von einem Zählerstand von 15,2 im November auf 11,5 im Februar. Damit lag er gerade mal 6,6 Prozent über seinem Tief von 2006. Das lässt erkennen, dass die Anleger nicht mit schlechten Überraschungen rechneten.

Für die Trump-Rally war von Bedeutung, dass die mit der Präsidentenwahl verbundene Mehrheit der Republikanischen Partei in beiden Häusern des Kongresses Hoffnungen auf wirtschaftsfreundliche Reformen geweckt hat. In der vergangenen Woche hat jedoch der Streit um die Reform der Gesundheitsversicherung Zweifel an der Fähigkeit der Partei geweckt, die für den Markt wichtigere Steuerreform durchzusetzen. Denn die Republikaner sind nicht nur über die Gesundheitsreform, sondern auch über die Steuerreform zerstritten. Dies wirft die Frage auf, wie wichtig die zügige Verwirklichung der Wirtschaftsreformen für den Markt ist.

Mindestens zwei Gründe sprechen dafür, dass der Markt nicht allein von der Hoffnung auf die „Trumponomics“ beflügelt wurde. Erstens hat sich die konjunkturelle Entwicklung in Amerika und der Welt insgesamt schon vor der Präsidentenwahl deutlich verbessert. Sowohl der globale als auch der amerikanische Einkaufsmanagerindex stiegen seit Mitte letzten Jahres um rund 3 Prozentpunkte auf einen Wert von rund 54 im Februar.

Zwar könnte das Wachstum des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts im ersten Quartal dieses Jahres wieder etwas schwächer ausfallen, aber alle Frühindikatoren sprechen dafür, dass eine Wachstumsdelle eher von kurzer Dauer wäre. Zweitens ist die Bewertung des Aktienmarkts nicht überhöht. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der im S&P 500 enthaltenen Aktien, berechnet auf der Basis der bereinigten („verwässerten“) Gewinne der vergangenen vier Quartale, betrug im Februar 24. Der Kehrwert des KGV ist die Gewinnrendite. Diese betrug 4,2 Prozent. Aktionäre verlangen in der Regel einen Aufschlag auf den sicheren Zins für Staatsanleihen zur Kompensation des mit Aktienanlagen verbundenen höheren Risikos. Seit Mitte der 1980er Jahre betrug dieser Aufschlag auf die reale Rendite für zehnjährige Staatsanleihen im Schnitt 2,4 Prozentpunkte. Zieht man diese Risikoprämie von der Gewinnrendite ab, ergibt sich eine vom Aktienmarkt erwartete reale Rendite auf zehnjährige Staatsanleihen von 1,8 Prozent. Dies würde zum erwarteten Potentialwachstum der amerikanischen Wirtschaft von zwei Prozent passen.

Die von der Zentralbank Fed angepeilte und vom Markt auch erwartete Inflationsrate beträgt zwei Prozent. Folglich kommt man auf eine erwartete nominale Anleiherendite von 3,8 Prozent. Diese Rendite ist konsistent mit der von der Fed geplanten Entwicklung des Geldmarktzinses unter Banken, der sogenannten Federal Funds Rate. Die Mitglieder des Offenmarktausschusses der Fed erwarten, dass die Fed Funds Rate von gegenwärtig 0,75 bis 1,0 Prozent auf 1,25 bis 1,5 Prozent Ende dieses Jahres und weiter auf 3,0 Prozent in der Zukunft steigen wird. Die Rendite auf langfristige Anlagen ist üblicherweise höher als die auf kurzfristige, da Anleger für die längere Bindung kompensiert werden wollen. Allerdings variiert diese Zeitprämie im Konjunkturzyklus: Sie ist hoch im Aufschwung, niedriger im fortgeschrittenen Zyklus und negativ im Abschwung. Die Zeitprämie auf zehnjährige Staatsanleihen betrug seit Mitte der 1980er Jahre im Schnitt 1,6 Prozentpunkte. Wenn die Fed Funds Rate die 3 Prozent erreicht hat, dürfte der Zyklus recht alt sein, so dass man vielleicht die Hälfte dieses Durchschnitts als Zeitprämie veranschlagen könnte. Das brächte die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen auf 3,8 Prozent.

Aus diesen Überlegungen kann man schließen, dass Amerikas Aktienmarkt mit einem Geldmarktzins von 3 Prozent, einer Rendite auf zehnjährige Staatsanleihen von 3,8 Prozent, einer Inflationsrate von 2,0 Prozent und einem realen Wachstum des Bruttoinlandsprodukt von ebenfalls zwei Prozent ganz gut leben könnte. Steuerreform, Deregulierung der Wirtschaft und Ausbau der Infrastruktur würden die Wachstumsaussichten verbessern, sind aber zur Stützung der gegenwärtigen Marktbewertung nicht unerlässlich.