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Weitere Umbauten im Vorstand der Bahn

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Richard Lutz war zuletzt Finanzvorstand der Deutschen Bahn.

Überraschend darf der kommissarische Bahnchef seinen Posten behalten. Doch auch ehemalige Favoriten auf den Job bekommen zumindest eine kleine Beförderung.

Bahn-Finanzvorstand Richard Lutz soll nach Angaben aus dem Aufsichtsrat an die Spitze des Staatskonzerns rücken. Aber auch auf weiteren Positionen im Vorstand soll umgebaut werden. Damit solle die Digitalisierung und der Schienengüterverkehr aufgewertet werden, hieß es. Wie die Zeitung „Welt“ unter Berufung auf Kreise des Bahn-Aufsichtsrats berichtete, ist der bisherige Siemens-Manager Siegfried Russwurm als neuer Technik-Vorstand vorgesehen. Russwurm hatte seinen Vertrag bei Siemens nicht verlängert und verlässt den Konzern Ende März. Er war auch als neuer Bahn-Vorstandschef im Gespräch. Die bisherige Chefin der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), Sigrid Nikutta, ist laut „Welt“ als neue Leiterin des Schienengüterverkehrs vorgesehen.

Lutz soll bei der Bahn-Aufsichtsratssitzung am 22. März ernannt werden. Der 52-Jährige wird damit Nachfolger von Rüdiger Grube (65), der Ende Januar im Streit um eine Vertragsverlängerung überraschend zurückgetreten war. Lutz führt den Konzern nach dem Abgang Grubes bereits kommissarisch. Er ist seit 2010 Finanzvorstand bei der Bahn. Nach dpa-Informationen einigten sich Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (SPD), Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) auf die Personalie.

Streitlustiger Lutz

Aus anderen Quellen hieß es, der dreimalige Familienvater Lutz soll ausgerechnet von dem eheamligen Kanzleramtsminister und heutigen Bahn-Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla ins Gespräch gebracht worden. Der CDU-Politiker traf aber auf Widerstand bei der SPD im Aufsichtsrat. Auch bei Arbeitnehmervertretern gab es wegen seiner geringen Erfahrung im Unternehmen Bedenken. Spekuliert wurde in Teilen des Aufsichtsrats zudem, dass Pofalla sich bei einem Scheitern von Lutz Hoffnungen mache, dann dessen Nachfolge anzutreten.

Der designierte neue Vorstandschef Lutz ist seit 1994 im Unternehmen. Er übernahm nach verschiedenen Stationen im Jahr 2003 den Bereich Konzerncontrolling, 2010 rückte er dann in den Vorstand auf. An die Rolle des neuen Bahnchefs muss er sich freilich noch gewöhnen. Er gilt als sehr konfliktfreudig, um nicht streitlustig zu sagen – und würde damit eher in der Tradition des langjährigen Bahnchefs Hartmut Mehdorn stehen und weniger in der des zurückgetretenen Rüdiger Grube.

Grüne: „Gewurschtel geht weiter“

Die Benennung ist eine faustdicke Überraschung. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte ein umfangreiches Anforderungsprofil festgelegt: Technisch versiert soll er sein, mit betriebswirtschaftlichen Rechnungen vertraut und politisch so gut vernetzt, dass er den Koalitionstest besteht. Gehandelt wurden daher wesentlich illustrere Namen als der von Lutz: Der Schweizer Bahnchef Andreas Meyer sowie der Leiter der Siemens-Zugsparte, Jochen Eickholt, waren im Gespräch.

Kritik am neuen Bahn-Chef kam von den Grünen. „Die Benennung von Lutz zeigt die Perspektivlosigkeit, mit der die große Koalition das Thema Bahn weiter betreibt“, sagte Verkehrspolitiker Oliver Krischer. „Von Aufbruch keine Spur.“ Lutz stehe für die „Verwaltung des Status Quo“ und nicht für einen Neuanfang für ein Unternehmen, das nachhaltige Mobilität als allererste Priorität ansehe. „Das Gewurschtel zwischen öffentlichem Auftrag und Weltlogistikkonzern geht weiter. Auf der Strecke bleibt der eigentliche Auftrag der DB: Umweltfreundliche und verlässliche Mobilität im Sinne der Kunden und Fahrgäste ermöglichen“, sagte Krischer.

Grube hatte Krach mit dem Aufsichtsrat

Ende Januar hatte es bei der Bahn in einer Aufsichtsratssitzung Differenzen über die geplante Verlängerung des Vertrags von Grube gegeben. Dessen Vertrag lief ursprünglich noch bis Dezember. Aus dem Umfeld des Aufsichtsrats hatte es geheißen, Grube sei in der Sitzungsvorlage noch eine Vertragsverlängerung um drei Jahre bis Ende 2020 zugesichert worden. Der Vorstandschef habe dafür auf eine Gehaltserhöhung und auf eine Abfindung im Falle eines vorzeitigen Abgangs verzichtet. In der Sitzung habe man ihm dann aber doch nur zwei weitere Jahre als Vorstandschef geben wollen. Grube hatte dem Kontrollgremium vorgeworfen, sich nicht an Absprachen gehalten zu haben und war zurückgetreten.

Der 65-Jährige hatte den Konzern inmitten einer großangelegten Initiative verlassen, die Qualität, Kundenzahl und Ergebnis der Bahn deutlich verbessern sollte. Grube war seit 2009 Vorstandschef des bundeseigenen Konzerns mit weltweit 300.000 Angestellten und rund 40 Milliarden Euro Umsatz.