Inland

Katholische Kirche in Deutschland: Neuer Anlauf für Missbrauchsstudie

• Bookmarks: 2


Der erste Versuch mit dem Kriminologen Pfeiffer, der Zensur beklagte, scheiterte. Nun unternimmt die Katholische Kirche in Deutschland einen neuen Anlauf, die Missbrauchsfälle wissenschaftlich aufzuarbeiten. Man habe „aus Fehlern gelernt“, sagt der Trierer Bischof Ackermann.

PreviewPagemarker“ id=“pageIndex_1″>Die katholische Kirche in Deutschland will den Missbrauchsskandal in den eigenen Reihen mit einem neuen Forschungsprojekt wissenschaftlich aufarbeiten. An diesem Montag stellt der Missbrauchbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, das „interdisziplinäre Forschungsverbundprojekt“ gemeinsam mit dem Forschungskonsortium in Bonn der Öffentlichkeit vor.

Ziel der Untersuchung ist es, die sexuellen Übergriffe von Priestern und anderen Geistlichen auf Minderjährige von 1945 bis heute zu analysieren, um künftig Missbrauch zu verhindern. Ein erster Anlauf dazu war Anfang des vergangenen Jahres gescheitert.

Es ging aus Sicht der Kirche um Fragen des Datenschutzes, der damals mit der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle beauftragte Kriminologe Christian Pfeiffer dagegen witterte „Zensur“ und beklagte, dass ihm wichtige Akten vorenthalten wurden.

„Aus Fehlern gelernt“

Gegenüber Radio Vatikan sagte nun Ackermann: „Wir sind es den Betroffenen schuldig, die darauf hoffen, dass die katholische Kirche sich auch in wissenschaftlich-systematischer Hinsicht der Aufarbeitung stellt.“

Aus den Fehlern der gescheiterten Studie Pfeiffers habe man gelernt. Besonders in Fragen des Datenschutze gehe diese Erfahrung in den Neustart des Projektes mit ein. Ziel sei es, dass auch die Kirche als Institution, die die Übergriffe auf Minderjährige nicht verhindert habe, in der Studie in den Blick genommen wird. In dem Radiointerview gesteht Ackermann ein: „Das sind keine Zufallstaten“.

Gleichwohl gehe es in der Studie zunächst darum, verlässliches, vergleichbares und belastbares Zahlenmaterial aus den Bistümer über Fälle von Pädophilie zu bekommen.

Die Katholische Kirche in Deutschland hat als Konsequenz der Missbrauchsfälle inzwischen eine Missbrauchshotline für Betroffene eingerichtet, die psychologische Beratung von Opfern intensiviert und auch Entschädigungen für Opfer gezahlt.

Papst setzt Kommission ein

Papst Franziskus hatte am Wochenende in Rom eine Kommission zum Schutz von Minderjährigen vor sexuellem Missbrauch eingesetzt, die er im Dezember angekündigt hatte. Unter den acht Mitgliedern der Kommission, der fünf Laien angehören, ist die Irin Marie Collins, die in den sechziger Jahren von einem Priester missbraucht wurde und sich weltweit für Missbrauchsopfer einsetzt.

Auch der deutsche Psychoanalytiker und Psychologieprofessor Hans Zollner gehört der Kommission an. Der aus Regensburg stammende stellvertretende Rektor der römischen Jesuitenuniversität Gregoriana hatte im Februar 2012 an seiner Hochschule auf Geheiß des Heiligen Stuhls ein Symposion geleitet, bei dem Geistliche, Opfer und Fachleute aus aller Welt über den Kampf gegen Missbrauch berieten. Danach wurde unter Reinhard Kardinal Marx im Erzbistum München ein erstes Studienzentrum zu diesem Thema eingerichtet, das in erweiterter Form in den kommenden Monaten in Rom neu gegründet werden soll.

Mit der Kommission zeige der Papst, dass er den „Schutz von Minderjährigen zu den wichtigsten Aufgaben der Kirche“ zähle, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi. Zunächst werde die Gruppe Statuten erarbeiten und Kompetenzen festlegen. Damit handle es sich um eine „Vorkommission“, sagte Zollner der Frankfurter Allgemeinen Zeitung- Franziskus werde später weitere Mitglieder aus aller Welt ernennen. Der Papst habe zunächst keinen Kommissionschef berufen, auch wenn durch die Mitgliedschaft des Erzbischofs von Boston, Seán Kardinal Patrick O’Malley, eines der acht Kurienberater von Franziskus, automatisch die Leitung an ihn falle.