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Mit einer Traktorparade gegen Modi

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Am Nationalfeiertag stehlen Indiens Bauern dem Militär die Schau. Mit ihrer Traktorparade protestieren sie in Delhi gegen neue Agrargesetze. Es kommt zu teilweise gewaltsamen Zusammenstößen.

An verschiedenen Ecken der indischen Hauptstadt Delhi finden am Dienstag zwei sehr unterschiedliche Paraden statt. Während im Zentrum – wie immer am Nationalfeiertag – Soldaten im Stechschritt marschieren, ziehen anderswo Zehntausende Bauern mit einer Traktorparade in die Stadt. Seit Monaten protestieren sie schon gegen die im September erlassenen Landwirtschaftsgesetze. Sie befürchten, dass die Reformen die Einkünfte schmälern und sogar ihre Existenz gefährden.

Seit Monaten haben die Bauern deshalb auch mehrere Zugangsstraßen in die Hauptstadt blockiert. An mehreren Grenzübergängen kam es am Dienstag auch wieder zu hitzigen Auseinandersetzungen. Die Bauern durchbrachen einige Barrikaden, die Polizei reagierte teilweise mit Tränengas. Je näher die Traktoren dem Zentrum Delhis kamen, desto größer wurde die Anspannung.

Späte Genehmigung der Parade

Dabei hatten die Behörde die Traktorparade nach anfänglicher Ablehnung doch genehmigt – unter der Voraussetzung, dass die Bauern der offiziellen Parade nicht in die Quere kommen würden. Einige der Bauern, die zu Fuß und auf ihren landwirtschaftlichen Gefährten in die Stadt strömten, die dreifarbige indische Flagge in der Hand oder an der Motorhaube, wichen dann aber offenbar von der geplanten Route ab. Das indische Fernsehen zeigte die beiden Aufmärsche parallel in einem zweigeteilten Bildschirm.

Mit dem Zug der Traktoren entwickeln sich die anhaltenden Proteste immer mehr zur Peinlichkeit für Ministerpräsident Narendra Modi. Nicht nur, weil sie die offizielle Feier in den Schatten stellen, sondern auch weil sie die Grenzen seiner Macht zeigen, die eigentlich größer ist als die jedes anderen Regierungschefs seit Jahrzehnten. Doch diverse Gesprächsrunden mit den Bauernverbänden haben bisher keine Lösung gebracht. Das Angebot der Regierung, die Gesetze in einigen Punkten zu ändern, haben die Bauern abgelehnt.

Selbst als das Höchste Gericht intervenierte und die Gesetze vorerst auf Eis legte, machten die Bauern, die überwiegend aus den Staaten Punjab und Haryana kommen, unbeirrt weiter. Sie wollen nur noch die komplette Rücknahme der Reformen akzeptieren. Diese sehen unter anderem vor, dass die indischen Landwirte ihre Produkte nun überall und direkt an jeden Abnehmer verkaufen können. Bisher durften sie Grundnahrungsmittel wie Reis und Weizen nur auf von der Regierung kontrollierten Großhandelsmärkten verkaufen. Dafür war ihnen allerdings die Zahlung eines Mindestabnahmepreises garantiert, was ein gewisses Einkommen sicherte. Nun fürchten sie, dass die Kleinbauern nicht mehr mit landwirtschaftlichen Großbetrieben konkurrieren können.

„Karneval des Trotzes“

Mit der Traktorparade am Nationalfeiertag erhöhen sie nun noch einmal den Druck auf die Regierung. Am 26. Januar wird eigentlich das Inkrafttreten der indischen Verfassung im Jahr 1950 nach der Unabhängigkeit von der britischen Kolonialmacht gefeiert. Unter anderem werden dabei traditionell in einem Festwagenzug auch die verschiedenen Bundesstaaten und ihre Kultur vorgestellt. Die Parade dient aber auch der Darstellung militärischer Macht.

Der Journalist Harish Khare nannte den Zug der Landwirte am Dienstag in der Zeitung „The Hindu“ einen „Karneval des Trotzes“. „Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes, in der Geschichte der Parade zum Tag der Republik, wird das Volk in die Hauptstadt ziehen und das System zwingen, seine Stimme zu hören“, hatte auch Yogendra Yadav, dessen Partei Swaraj India die Proteste unterstützt, vor der Parade gesagt.