Im Skandal um rechtsextreme Chats von Polizisten des Polizeipräsidiums Essen/Mülheim an der Ruhr hat es am Dienstagmorgen abermals Razzien gegeben. Durchsucht wurden die Wohnungen und Diensträume von neun Beschuldigten. Aus Sicherheitskreisen hieß es, es handle sich um Beamte, auf die man im Zuge der seit Mitte September laufenden Ermittlungen gestoßen sei.
Die Staatsanwaltschaft Duisburg bestätigte die Razzien. Am Morgen seien um sechs Uhr zeitgleich bei allen Verdächtigen Wohnungen und Diensträume durchsucht, Mobiltelefone und andere Datenträger sichergestellt worden. Ermittelt werde wegen Volksverhetzung. Ungeklärt blieb, ob die Verdächtigen suspendiert wurden. Die Staatsanwaltschaft wollte im Laufe des Vormittags weitere Details mitteilen. Aus dem Innenministerium in Düsseldorf hieß es, Minister Herbert Reul (CDU) wolle sich gegen Mittag äußern.
Nach einem Bericht der „Bild“-Zeitung soll es sich bei den Beschuldigten um eine Gruppe von Polizisten aus Mülheim und Essen handeln, die in ihrer Freizeit zusammen gekegelt haben. Dabei seien offenbar Nazi-Symbole gepostet und auch der Hitlergruß gezeigt worden.
Aufgeflogen waren die rechtsextremen Chats, als im Zuge der Ermittlungen gegen einen Beamten wegen Geheimnisverrats das Handy eines Polizisten beschlagnahmt und ausgewertet wurde. Mitte September war dann bekannt geworden, dass mehr als zwei Dutzend Beamte des Polizeipräsidiums Essen über Jahre in Chatgruppen rechtsextremistische Propaganda geteilt und empfangen haben sollen. Umgehend wurden 31 Polizisten vom Dienst suspendiert, gegen 16 wurden Strafverfahren eingeleitet. Während die Suspendierung einiger Beamter nach einem Gerichtsbeschluss aufgehoben wurde, weil sich der Anfangsverdacht gegen sie nicht verstärkt hatte, hatte sich der Verdacht gegen andere Beamte durch intensive Datenträgerauswertung weiter erhärtet.
Nach Angaben der Ermittler sollen die Beamten sich im Laufe der vergangenen Jahre in derselben Dienstgruppe der zum Polizeipräsidium Essen gehörenden Polizeiwache in Mülheim an der Ruhr kennengelernt und mittlerweile aber teilweise schon Karriere in anderen Dienststellen gemacht haben. Sie sollen unter anderem Fotografien von Adolf Hitler, Bilder von Hakenkreuzen und Reichskriegsflaggen sowie fiktive Darstellungen eines Flüchtlings in einer Gaskammer oder der Erschießung von Menschen mit schwarzer Hautfarbe gepostet haben.
Allein auf dem Handy eines der beschuldigten Polizisten waren nach Angaben des Innenministeriums 300 strafrechtlich relevante Inhalte gefunden worden. Bei einem anderen Beamten 150. Ein Polizist ließ sich unter anderem dabei fotografieren, wie er in Uniform auf zwei Polizeiwagen stehend den Hitlergruß zeigt. In einem weiteren Fall stießen die Ermittler in Whatsapp-Chats auf Fotos von Weihnachtsbaumkugeln mit SS-Runen und „Sieg Heil“-Aufschriften. Ein vierter Beamter hatte nicht nur Bilder auf seinem Smartphone, die ein aus Dienstmunition gelegtes Hakenkreuz zeigen, sondern auch ein Video, in dem er und andere Polizisten bei einem Junggesellenabschied „Deutschland, Deutschland über alles“ grölen.