
Bei den Auftritten, mit denen der nun verstorbene Roy Horn und sein Partner Siegfried Fischbacher jahrzehntelang die Zuschauer in ihren Bann schlugen, war alles eine Spur größer, greller und gefährlicher, als man es gewohnt war. Ob Siegfried & Roy die besten Zauberkünstler aller Zeiten waren, das mögen Leute vom Fach beurteilen- berühmter und über eine so lange Zeit erfolgreicher, auch in kommerzieller Hinsicht, dürfte jedenfalls keiner ihrer Konkurrenten geworden sein. Nie zuvor hatte jemand für Live-Shows so viel Geld bekommen wie Siegfried und Roy vom Mirage-Hotel in Las Vegas, das sich ihre Dienste für insgesamt 57,5 Millionen Dollar sicherte.
Zu Weltstars werden deutsche Künstler nur selten, und die, die es schaffen, verkörpern häufig Werte, die das internationale Publikum offenbar mit unserem Land verbindet: eine gehöriges Maß an Exzentrik, gepaart mit schweißtreibender Schwerstarbeit. Das gilt für Rammstein wie für Karl Lagerfeld und gewiss auch für Siegfried und Roy, die dem Glitter ihrer Bühnenshows auch im Privaten frönten und im Pool ihrer protzigen Villen mit den Großkatzen planschten. Der große Tierfreund Roy, hat sein Partner Siegfried in einer Dokumentation von ABC News gesagt, sei „furchtlos“ gewesen: ohne Angst vorm Leben, vorm Lieben und vorm Geben. Die Bilder der Doku zeigen einen strahlenden Roy, der auf dem Rücken eines seiner weißen Tiger durch den Garten fliegt. Er sei „sehr glücklich, eine gute Familie zu haben“, sagt Horn selbst. Gemeint sind die Tiere.
„Roy machte den Unterschied“
Eine intakte Familie, die den Söhnen Liebe und Geborgenheit gab, haben in ihrer Nachkriegskindheit weder Siegfried noch Roy erlebt, der 1944 im niedersächsischen Nordenham geboren wurde. Zu Tieren fühlte er sich früh hingezogen, er sagte, er könne sie denken hören. 1959 hatte Fischbacher als Steward und Unterhaltungskünstler auf dem Turbinenschiff Bremen angeheuert, ein Jahr später lernte er dort Horn kennen, der einen leibhaftigen Geparden an Bord geschmuggelt hatte- das Tier wurde zum festen Bestandteil der nun als Duo präsentierten Shows und zum Ahnherr aller Tiere, mit denen Siegfried und Roy die Zuschauer staunen ließen. Der Bühnenbildner John Napier, der mit den beiden zusammengearbeitet hat, preist ihre Shows als „Mischung aus Marvel-Comics und Wagner“.