Finanzen

Aktienmärkte: Ernüchterung folgt der Erleichterung

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Teamviewer: Eines der wenigen Unternehmen, die der Börse noch Spaß machen.

Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Wenn das nicht an der Börse gilt, wo sonst? Wenig hatte man vom Handelsbeginn erwartet, genauer sagt weniger als nichts und eher ein schlankes Minus am Aktienmarkt.

Zum Handelsbeginn kam es dann besser. Nicht weniger als nichts, sondern eher nichts. Der Dax startete im Minus, arbeitete sich ins Plus vor und pendelt aktuell um seinen Vortagesschluss.

Am Montag war es eher umgekehrt gewesen. Es gab Hoffnungen auf einen neuen Angriff auf die Marke von 11.000 Punkten für den Dax. Doch schon am Vormittag waren die Gewinne passé und am Ende rettete nur die Wall Street die Tagesbilanz ein wenig. Diese hatte auf einem Tagestief eröffnet, sich ins Plus geschraubt, nur um alle Zugewinne in der letzten, wichtigen Handelsstunde dann wieder abzugeben. Die Technologiewerte zeigten sich dagegen gut behauptet.

Diese Unentschlossenheit bis Ambivalenz reflektiert die Nachrichtenlage rund um die Pandemie. Während etwa New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio am Morgen amerikanischer Zeit sagte, der Lockdown werde wohl bis Juni anhalten, hatte Andrew Cuomo, Gouverneur des Staates New York die Öffnung von Baufirmen, Kiosken, Autokinos und einigen anderen Freizeiteinrichtungen für diese Woche angekündigt. „Wir sind uns alle bewusst, dass die Wiedereröffnung der Wirtschaft deutlich schwieriger wird als ihre Schließung“, sagte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com.

Sorgen bereiteten Börsianern zudem wieder erhöhte Ansteckungsraten in Deutschland und Südkorea. Sollte es zu einer zweiten Infektionswelle mit abermaligen Restriktionen kommen, würde das Geschäftsinvestitionen auf unbestimmte Zeit verschieben und dazu führen, dass sich die Verbraucher zurückziehen, warnte Stratege Guy Miller vom Finanzdienstleister Zurich Insurance. „Die nächsten zwei oder drei Wochen werden entscheidend sein.“ Ein zweiter Lockdown würde einen erheblichen Vertrauensverlust mit sich bringen, den auch eine zweite Öffnung nicht wieder wird umgehend wettmachen können. „Ein erneuter Ausbruch des Coronavirus würde die Erholungsrally, die auf sehr wackeligen Beinen steht, in ernsthafte Schwierigkeiten bringen. Schließlich wäre dann klar, dass der sowieso schon lange Weg zurück zur Normalität noch um
Einiges länger werden dürfte.“

DAX ®

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„Die Vorsicht ist zurück“, fasst es Marktstratege Michael McCarthy von CMC Markets zusammen. „Die Investoren müssen erst den richtigen Ausgleich finden zwischen Lockerungsmaßnahmen auf der einen Seite und der zunehmenden Erkenntnis über das Ausmaß der Schäden für die Wirtschaft auf der anderen.“

Der Dax bleibt damit in einer recht engen Handelsspanne zwischen etwa 10.250 und 11.100 Punkten gefangen, wo bei die 11.000 Punkte nur einmal überschritten wurden, die Obergrenze also eher bei 11.000 Punkten liegt.

Durchwachsen fallen die Vorgaben von den ausländischen aus. Die Terminkontrakte auf den amerikanischen S&P-500-Index handeln knapp behauptet. Mehrheitlich im Minus liegen auch die asiatischen Aktienmärkte: Der Hang-Seng gibt 1,5 Prozent nach, Australien schloss rund 1 Prozent tiefer, alle anderen Indizes tendieren knapp behauptet.

Unternehmensbilanzen wenig hilfreich

Die bisher vorgelegten Unternehmensergebnisse werden dem deutschen Aktienmarkt wohl auch nicht auf die Sprünge helfen. Die Schäden und Marktturbulenzen infolge der Coronavirus-Pandemie haben den Überschuss der Allianz im Jahresvergleich um 29 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro schrumpfen lassen. Für eine neue Gewinnprognose für 2020 sei es weiterhin zu früh, sagte Vorstandschef Oliver Bäte. Das ursprüngliche Ziel sei aber wohl nicht zu erreichen. Der Aktienkurs gibt um mehr als 2 Prozent nach.

Der Gewinn des Betreibers des Hamburger Hafens HHLA fällt um zwei Drittel, Thyssen-Krupp hat in den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres einen Nettoverlust von rund 1,3 Milliarden Euro verbucht und benötigt dringend die Mittel aus dem Verkauf der Aufzugssparte. Ende März hatte Thyssenkrupp Nettofinanzschulden von 7,5 Milliarden Euro. Die Aktienkurse geben zwischen 7 und 8 Prozent nach.