Ausland

Italiens Migrationspolitik: Die Bootsflüchtlinge und die „Clandestini“

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Das Rettungsschiff „Alan Kurdi“ der deutschen Hilfsorganisation Sea-Eye im November 2019

Eine einheitliche Linie kann man in der italienischen Migrationspolitik derzeit nicht erkennen: Zu Wasser versucht die Regierung in Rom, die Ankunft geretteter Bootsflüchtlinge in den Häfen des Landes mit allen Mitteln zu verhindern, während sie an Land die Legalisierung von rund 600.000 illegalen Einwanderern erwägt. Dahinter stecken Konfliktknoten, die nicht leicht zu lösen sind.

Im Hafen von Palermo hält die italienische Küstenwache seit Tagen das deutsche Seenotrettungsschiff „Alan Kurdi“ fest, wegen angeblicher „betrieblicher Unregelmäßigkeiten“. Auch das spanische Rettungsschiff „Aita Mari“ darf wegen „technischer Irregularitäten“ nicht auslaufen. Alle Beteiligten wissen, dass es sich dabei um Ausreden handelt: In Wahrheit will Rom verhindern, dass die beiden Schiffe schon bald wieder Bootsflüchtlinge im zentralen Mittelmeer an Bord nehmen und sodann in italienischen Häfen an Land zu bringen versuchen. Die „Alan Kurdi“ hatte am 6. März 146 Migranten aus Seenot geborgen, die nach langem Hin und Her auf eine italienische Fähre vor Palermo überstellt werden konnten. Dort verbrachten die Bootsflüchtlinge ihre zweiwöchige Quarantänezeit, ehe sie an Land gehen durften. Auf die gleiche Weise wurde mit 34 Geretteten an Bord der „Aita Mari“ verfahren. Die Crews wurden nach der Quarantäne auf den beiden Schiffen an Land gelassen, diese aber sogleich an die Kette gelegt.

Die Vereinbarung von Valletta funktioniert nicht

Malta und Italien beharren auf dem Standpunkt, dass sie mit dem Schutz der Bevölkerung in der Corona-Pandemie genug zu tun haben und sich nicht auch noch um (potentiell infizierte) Migranten kümmern können. Zudem ist die seinerzeit als historisch verkaufte Vereinbarung von Valletta vom September 2019 nie zur eingeübten Praxis geworden: Danach sollen mehrere EU-Staaten von Italien und Malta anteilig Migranten übernehmen, die von privaten Seenotrettern in den Häfen der beiden Mittelmeeranrainer an Land gebracht werden. Stattdessen bleiben die Flüchtlinge monatelang in maltesischen und italienischen Auffanglagern. Valletta und Rom senden deshalb das Signal aus: Unsere Häfen sind für private Seenotretter mit Migranten an Bord geschlossen – zumal wegen der Corona-Krise.