Finanzen

Geldpolitik: Japans Notenbank finanziert  Geldgeschenk

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Haruhiko Kuroda : Gouverneur der japanischen Notenbank

Die Bank von Japan hat ihre Geldpolitik weiter gelockert, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronaviruskrise einzudämmen. Aus der Fülle von Maßnahmen ragt heraus, dass die japanische Zentralbank die Obergrenze für ihre Ankäufe von Staatsanleihen aufgegeben hat.

Notenbankgouverneur Haruhiko Kuroda und die anderen Mitglieder des geldpolitischen Rats entschieden, dass die Bank bis auf weiteres japanische Staatsanleihen „aktiv kaufen“ solle. Als wichtiger dürfte sich indes erweisen, dass die Bank von Japan unter anderem mit drastisch erhöhten Ankäufen von Unternehmensanleihen mehr monetäre Liquidität in die Wirtschaft pumpt, damit die Finanzierungsbedingungen sich trotz der Viruskrise nicht zu sehr verschlechtern. Den negativen Leitzins von minus 0,1 Prozent für Übernachteinlagen lies die Bank unverändert.

Begrenzte Unanbhängigkeit

Die Zentralbank präsentiert ihre Beschlüsse als Unterstützung der wirtschaftspolitischen Maßnahmen, mit denen die japanische Regierung der Wirtschaftskrise im Gefolge der Pandemie entgegenwirken will. Das betont die begrenzte Unabhängigkeit der Bank von Japan, die sich nach dem Amtsantritt von Ministerpräsident Shinzo Abe am Jahresbeginn 2013 in einer Erklärung mit dem Finanzministerium zur gemeinsamen Bekämpfung der Deflation verpflichtet hatte.

Im Kern laufen die jetzigen Beschlüsse darauf heraus, dass die Notenbank mehr Staatsanleihen kauft, um die Finanzierung des großen Nothilfepakets der Regierung zu erleichtern. Indirekt finanziert sie so die von der Regierung beschlossene Barauszahlung von umgerechnet rund 860 Euro an jeden Japaner. Das Finanzministerium plant eine zusätzliche Schuldaufnahme von 25,6 Billionen Yen (220 Milliarden Euro), um die Nothilfen zu finanzieren. Zugleich plant die Zentralbank eine neue Fazilität, um Geld in diejenigen Banken zu schleusen, die im Rahmen der Regierungspläne kleine und mittlere Unternehmen besonders unterstützen.

Prognose einer Rezession mit kräftiger Erholung

Die japanische Wirtschaft dürfte nach den Prognosen der Zentralbank in dem im April begonnenen Fiskaljahr um 3 bis 5 Prozent schrumpfen. Das wäre das zweite Rezessionsjahr nacheinander, nachdem die Bank für das im März beendete Fiskaljahr ein Minus von 0,1 bis 0,4 Prozent erwartet. Die Wirtschaft und vor allem der private Konsum waren nach der Erhöhung der Konsumsteuer im Oktober von 8 auf 10 Prozentpunkte schon am Jahresende 2019 geschrumpft. Für die Monate von Januar bis Juni zeichnet sich ein abermaliges Minus ab, weil Japan mit seiner Anti-Viruskampagne zur sozialen Distanzierung die heimische Wirtschaft schwächt und zugleich die ausländische Nachfrage als Folge der globalen Pandemiebekämpfung zeitweise wegbricht.

Die Bank von Japan erwartet für das Folgejahr aber einen kräftigen wirtschaftlichen Aufschwung mit einer Wachstumsrate von 2,8 bis 3,9 Prozent. Dahinter steht die Annahme, dass die Folgen der Pandemie sich schon zweiten Halbjahr an abschwächen werden. Mit der erwarteten Rezession im aktuellen Fiskaljahr und dem drastischen Verfall des Ölpreises rechnen die Mitglieder des geldpolitischen Rates vorerst indes mit einem zeitweiligen Rückfall Japans in die Deflation.

Staatsanleihekäufe ohne Obergrenze

Konkret beschloss die japanische Zentralbank am Montag, die bisherige Zielmarke der Ankäufe von Staatsanleihen von 80 Billionen Yen (690 Milliarden Euro) im Jahr aufzugeben. Die Bank begründete den vorerst erhöhten Ankauf von Staatsanleihen damit, dass die erhöhte Schuldaufnahme der Regierung für das Nothilfeprogramm den Markt beeinflussen werde. Analysten in Tokio werteten diesen Schritt schon vorab als verbale Kosmetik, weil die Notenbank die eigene Zielvorgabe schon seit langem nicht mehr erreichte und weniger Staatsanleihen kaufte. Seit die Bank im September 2016 sich als Ziel gesetzt hatte, die Zinskurve zu steuern, war die quantitative Vorgabe einer Zielmarke für die Ankäufe von Staatsanleihen ein Fremdkörper in der japanischen Geldpolitik. Zinsen oder Preise und Mengen lassen sich nicht gleichzeitig steuern, wenn die Märkte nicht vollends aufgegeben werden sollen. Die Staatsanleihenkäufe sollen sich von nun an auch offiziell danach richten, dass der Zinssatz auf Sicht von zehn Jahren um 0 Prozent liegen soll.

Um mehr monetäre Liquidität in die Wirtschaft zu schleusen, will die Zentralbank für weitere 15 Billionen Yen (129 Milliarden Euro) Unternehmensanleihen und Commercial Papers kaufen. Die erst im März eingeführte Fazilität zur Geldleihe von Banken wird von rund 8 Billionen Yen auf etwa 23 Billionen Yen erweitert. Akzeptierte die Zentralbank als Garantie bislang nur Unternehmenskredite, die von den Banken vergeben wurden, wird sie von nun an auch private Schulden als Sicherheiten annehmen. In dem Maße, in dem die Geschäftsbanken entsprechende Kredite vergeben, werden sie für ihre Einlagen bei der Zentralbank mit einem positiven Zinssatz von 0,1 Prozent belohnt.