Politik

Fraktur: Da fangen die Fragen erst an

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Stephanie Bschorr (l.), Ivanka Trump (2.v.l.), Kanzlerin Angela Merkel und die dänische Königin Maxima (r.) beim W-20-Gipfel 2017 in Berlin.

Sollte man auch von männlichen Politikern erwarten, dass sie wie Berserker für die Frauenförderung kämpfen?

Nicht nur in der CSU fragen sich gerade viele, ob sie nicht doch für die Frauenquote sein sollten. Dazu erst mal ein paar grundsätzliche Erwägungen: In der Politik gibt es an entscheidenden Stellen weniger Frauen als Männer. Man hat es jetzt wieder an der gemütlichen Runde von Topentscheidern gesehen, die dabei zusahen, wie IS-Chef al Bagdadi starb wie ein Hund. Selbst der Hund, der ihn letztlich zur Strecke brachte und von dem anfänglich gemutmaßt wurde, es sei eine Hündin gewesen, war offenbar ein rüder Rüde.

Gleichzeitig gibt es keine Hinweise, dass Frauen für die entscheidenden Stellen weniger geeignet wären als Männer. So weit, so klar, so ungerecht. Doch dann fangen die Fragen ja erst an: Sollte das politische Personal wirklich die Gesellschaft abbilden? Einerseits ja. Ein Einbrecher kann besser über Angelegenheiten des Strafrechts befinden als zehn Sozialkundelehrer zusammen. Andererseits jein. Kann zum Beispiel ein Dummer besser Politik für die Dummen machen als ein Gescheiter? Da gibt es Zweifel.

Man wird eine maximal diverse Gesellschaft in einem Parlament oder in Führungsgremien nie komplett abgebildet bekommen. Wo bitte sind im bayerischen Kabinett die bisexuellen unterfränkischen Blechbläser vertreten? Diese Gruppe hat – wie wir aus eigener Erfahrung wissen – jede Wertschätzung verdient, ist allerdings doch arg in der Minderheit, zum Beispiel gegenüber den Frauen. Die machen ungefähr die Hälfte der Bevölkerung aus. Schon deshalb sollten sie angemessen vertreten sein. Ein möglicher anderer Grund: Wenn erst mal die Hälfte der Macht bei den Frauen ist, die toxische Männlichkeit also bis zur Genießbarkeit verdünnt, dann, so glauben viele, ergebe sich der Rest von selbst und jede nur denkbare Gruppe fände ausreichend Berücksichtigung, Migranten, Hundebesitzer, sogar politisch völlig desinteressierte Minderjährige.

Die Frage ist, wie man sicherstellt, dass ein 50-Prozent-Anteil von Frauen erreicht wird. Im Moment wird halbwegs wirkungsvoll mit Shitstorms operiert, sobald auf einem Gremien-Foto zu wenige oder gar keine Frauen zu sehen sind. Aber Männer sind hartleibig, sie führen Kriege und sind schon als Babys blau, da muss man schon andere Saiten aufziehen. Mit Anreizen, von denen sich gerade die CSU sonst so viel verspricht, hat es bisher jedenfalls nicht recht geklappt. Also sanfter Zwang? Also Quote?

Da Frauen und Männer – ob aus sozialen oder natürlichen Gründen – offenbar verschieden sind (sonst ergäbe eine Quote ja keinen Sinn), muss man nun auch hier differenzieren nach Frau und Mann. Aus Sicht der Frauen gibt es natürlich gute Gründe, für die Quote zu kämpfen. Es ist eine der seltenen Gelegenheiten, bei denen man sich bei der Verfolgung eigener Interessen ausschließlich dem Gemeinwohl verpflichtet fühlen darf. Die Frage ist, ob die Frauen so ihr Ziel erreichen. So reflexhaft, wie manche Männer nein sagen zur Quote, sollten sich die Frauen womöglich massiv gegen die Quote wehren – dann kommt sie bestimmt. Aus der Geschichte der CSU ist da ein leuchtendes Beispiel bekannt.

Aber kann man von einem Mann verlangen, dass er etwa auf einem Parteitag gegen seine eigenen Interessen stimmt? Womöglich. Die Arbeiterklasse ist es seit Jahrzehnten gewohnt, gegen die eigenen Interessen zu wählen. Und man kann ja auch für den Erhalt des Schabrackentapirs sein, selbst wenn man ihn nie sehen wird, weil man, damit er erhalten bleibt, jeden Flug nach Südostasien ablehnt. Davon abgesehen, stellt sich ohnehin die Frage, ob man als Mann, wenn man sich für die Frauenquote einsetzt, überhaupt gegen die eigenen Interessen handelt.

Markus Söder zum Beispiel kämpft wie ein Berserker für die Frauenquote – es wäre aber etwas ganz Neues, wenn er dabei nicht auch ein bisschen das eigene Wohl im Auge hätte. Nein: Es ist gut, als mächtiger Mann, der ganz oben ist, für die Quote zu sein – aber auch als aufstrebender! Man kann so zeigen, dass man mehr an der Sache (den Inhalten!) als am eigenen Schicksal orientiert ist. Außerdem werden sich mächtige Frauen vielleicht irgendwann daran erinnern, dass es da mal einen jungen Mann gab, der für die Frauenquote war, derentwegen der sie jetzt auf ihrem Posten sind.