Leben & Gene

Giftiger Käfer aus Afrika: Ein Insekt, dem man lieber nicht begegnet

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Kleiner Käfer mit großer giftiger Wirkung: Mit der Championsfliege legt man sich besser nicht an.

Die afrikanische „Championsfliege“ ist nur wenige Millimeter groß. Dennoch sollte man sich vom aggressiven Käfer besser fernhalten. Denn dessen Gift kann für Menschen gefährliche Folgen haben.

Die Tierwelt Afrikas bietet zahlreiche gefährliche Vertreter, von denen man sich als Mensch besser fernhält. Doch was eine Gruppe von Schulkindern in einem Dorf im Norden Sierra Leones plötzlich von den Holzbänken aufschrecken lässt, ist weder eine Speikobra noch ein Nilkrokodil: Über die hölzernen Bretter krabbelt ein fingernagelgroßes, schwarzbraunes Insekt – von den Einheimischen auch Championsfliege genannt.

Die ehrfurchtsvolle Bezeichnung führt dabei in die Irre und trifft zugleich zu. Paederus sabaeus, so die vollständige lateinische Bezeichnung, ist eigentlich ein Käfer, der mehr einer Ameise ähnelt.

Was das Insekt so gefährlich macht, liegt im Inneren des Insekts verborgen, in der Hamolymphe. Denn zu ihrer Verteidigung sondert die Championsfliege ein giftiges Sekret ab, was für Menschen extrem unangenehme Folgen haben kann, wie die beiden deutschen Mediziner Elisa Schunkert und Nicolas Aschoff während ihrer Arbeit in Sierra Leone am eigenen Leibe erleben mussten: „Gleich zu Beginn unseres Aufenthaltes trafen wir immer wieder Menschen mit skurril aussehenden Ekzemen.“ Nach einer Begegnung mit dem Insekt erkannten Schunkert und Aschoff auf Hand- und Gesichtspartien den Grund dafür: Die beiden Ärzte verspürten quälenden Juckreiz, gefolgt von einem schmerzhaften Brennen. Es bildeten sich Entzündungen, und einige Stunden später kam es zu nässender Haut.

Eine nationale Plage

Die Mediziner begannen das Insekt eingehender zu untersuchen. „Das in der Leibeshöhlenflüssigkeit der Championsfliege enthaltene Gift Pederin verursacht das Krankheitsbild der Paederus-Dermatitis“, erklärt Aschoff. Laut Schunkert führt das Toxin dazu, dass die Zellen der oberen Hautschicht ihren Kontakt zueinander verlieren und sich unterschiedlich große Bläschen bilden. Deshalb zähle die Championsfliege auch zu den sogenannten „Blister-Käfern“ oder Blasenkäfern. Das Insekt beißt und sticht nicht, sondern stößt sein Gift bei Berührung aus. In manchen Fällen wird laut Schunkert das Toxin über mehrere Zentimeter auf der Haut verteilt und verursache so großflächige rötliche Flecken. „Geschieht dies an Stellen, wo die Haut Falten bildet, kommt es typischerweise zu schmerzhaften und juckenden Ekzemen.“

Nicht selten führe die Vergiftung zu Komplikationen mit einer Superinfektion. Grund dafür sind Bakterien, die in einer Symbiose im Körper des Insekts leben. Entsprechend aufwendig sei die Behandlung, denn ein einzelnes Gegengift gebe es derzeit nicht. „Der medizinische Wissensstand ist eher dünn. Entsprechend ist es nicht einfach, gut dokumentierte Behandlungsregime zu finden“, sagt Aschoff. Ein einziges Medikament reiche demnach nicht aus. Als wirksam erweise sich eine Kombination aus dem entzündungshemmenden Cortison und antibiotischer Behandlung gegen die Infektion. Am besten helfe das Tragen langärmeliger, leichter Bekleidung.

„Sollte man den Käfer auf seiner Haut sichten, heißt es, ihn vorsichtig und ohne große Provokation zu entfernen“, erklärt die Medizinerin und empfiehlt dabei, die Championsfliege sanft wegzupusten und auf keinen Fall zu zerdrücken. „Anschließend sollte die Haut gut mit Seife und Wasser abgewaschen werden, um potentiell abgesondertes Gift zu entfernen.“ Denn wer sich Rückstände des Sekrets unbeabsichtigt in die Augen reibt, riskiert eine kurzzeitige Erblindung.

Angriffslustiges Insekt

Immer wieder kommt es in ländlichen Gebieten zum Kontakt mit dem Insekt. „Besonders während der Regenzeit wird die Championsfliege in Sierra Leone zu einer nationalen Plage, und vor Ort ist oft keine Behandlung zu erwarten“, sagt Aschoff. Der Käfer fühlt sich im feuchten, tropischen Klima Afrikas besonders wohl, wo er zwischen verrotteten Blättern brütet. Mit einer Länge von fünf bis zehn Millimetern ist er leicht zu übersehen. Nicht selten sucht das angriffslustige Insekt dabei auch den Kontakt zu Menschen, da es sich vom fluoreszierenden Licht angezogen fühlt und gerne mal dem grellen Licht von mobilen Telefonen und Lampen folgt.

Im Falle der anfangs erwähnten Schüler währt die Schreckensherrschaft des gefürchteten Käfers nicht lange. Nach anfänglicher Flucht fassen die Kinder ihren Mut zusammen und gehen mit einer Metallschüssel präventiv gegen das giftige Insekt vor. Vom schweren Boden des Küchenutensils erdrückt, findet die Championsfliege wenig später dann ihren Bezwinger.