Eine kleine Stadt im Osten Russlands soll bald von einem schwimmenden Atomkraftwerk mit Strom versorgt werden. Der Erbauer will die Idee exportieren.
Am Hafen von Murmansk im Nordwesten Russlands liegt derzeit ein ungewöhnliches Schiff vor Anker: Die „Akademik Lomonossow“, 144 Meter lang und 30 Meter breit, gestrichen in freundlichem Weiß mit hübschen roten und blauen Streifen. Nichts deutet darauf hin, dass dieses Schiff ein Atomkraftwerk ist, das „einzige schwimmende der Welt“, wie der Erbauer, die staatliche russische Atomgesellschaft Rosatom, stolz verkündet. Noch in diesem Jahr soll es in Betrieb gehen. Dafür muss es aber, da es selbst keinen Antrieb hat, noch ein paar tausend Kilometer bis an seinen Zielort geschleppt werden: nach Pewek, den nördlichsten Hafen Russlands auf der spärlich besiedelten Halbinsel Tschukotka.
Dort soll das Schiff die kaum 5000 Einwohner von Pewek sowie einige Bohrinseln vor der Küste mit Strom versorgen. Nun brüstet sich Rosatom damit, dass die beiden Reaktoren mit einer Leistung von je 35 Megawatt Strom für 100 000 Menschen oder 20 Städte der Größe von Pewek generieren könnten. Doch dient die Akademik Lomonossow noch einem anderen Zweck: Sie ist eine Art Ansichtsexemplar für potentielle Kunden aus Afrika und Südostasien. Das Interesse sei groß, sagte ein Vertreter von Rosenergoatom, dem Betreiber der zivilen russischen Kernkraftwerke, schon vor zwei Jahren- schwimmende Atomkraftwerke seien für alle Länder interessant, die viel Küste und zu wenig Energiequellen hätten. Doch den Kunden sei es wichtig, das Schiff zuerst in Aktion zu sehen. Auch in Russland soll irgendwann eine ganze Flotte solcher schwimmender Kraftwerke Öl- und Gasbohrungen in schwer zugänglichen Gegenden ermöglichen.