Gesellschaft

30 Jahre Wacken-Festival: Völkerverständigung auf der Wiese

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Gute Stimmung beim Auftritt der „Wacken Firefighters“: Zum ersten Mal hat die uniformierte Kapelle schon am Mittwoch aufgespielt.

Vor 30 Jahren hatte die Dorfjugend in Wacken eine verrückte Idee. Daraus ist das größte und bekannteste Heavy-Metal-Festival der Welt geworden. Selbst an der Freiwilligen Feuerwehr ist der Erfolg nicht spurlos vorübergegangen.

Ohne die Freiwillige Feuerwehr geht es nicht. Natürlich stehen die „Wacken Firefighters“ wieder auf der Bühne. Zum ersten Mal hat die uniformierte Kapelle schon am Mittwoch aufgespielt, noch vor dem offiziellen Start des Festivals. Märsche, Polka, Volksmusik – was man so spielt, um einen Biergarten mit ein paar Hundert, vielleicht sogar Tausend Leuten so richtig in Stimmung zu bringen. Das funktioniert seit vielen Jahren wie auf Knopfdruck. Und auch diesmal hat sich das Publikum nicht lange bitten lassen: Nachdem eine bedrohlich wirkende Gewitterfront vorübergezogen und nur ein paar dicke Tropfen vom Himmel geschickt hatte, kam es schnell in Schunkellaune, stieg auf Tische und Bänke und tanzte eine Polonaise nach der anderen.

Der Musikzug ist so etwas wie das Symbol für die Völkerverständigung, die sich jedes Jahr in Wacken abspielt. Immer am ersten Augustwochenende strömen Zehntausende von Besuchern in das schleswig-holsteinische Dorf. Eine langhaarige, schwarz gekleidete, nietenbehängte Invasion, die den beschaulichen Ort während des dreitägigen W.O.A, dem „Wacken Open Air“, in den Ausnahmezustand versetzt. Die Dorfbevölkerung zeigt sich gastfreundlich und empfängt die Gäste, die aus ganz Europa und zum Teil aus Übersee anreisen, mit rustikalem holsteinischen Charme. Und bei der Stimmungsmusik der „Firefighters“ finden sie alle zusammen.

Das inzwischen vielleicht größte und berühmteste Festival der Heavy-Metal-Szene feiert in diesem Jahr Jubiläum, und schon seit Anfang der Woche kommen die Fans auf das riesige Gelände am Rande des 1800-Seelen-Ortes. Mit ihren Autos, Motorrädern und Wohnmobilen fluten sie die Zeltplätze auf den Wiesen zwischen Wacken und den Nachbardörfern Gribbohm und Bokelrehm. Manche reisen in umgebauten Kleinlastern an, viele kommen mit Reisebussen aus Süd- und Osteuropa, und Tausende steigen in der Kleinstadt Itzehoe aus dem Zug und lassen sich mit Shuttlebussen nach Wacken karren. Wie in den Vorjahren sollen es auch diesmal wieder mehr als 75.000 zahlende Gäste werden, gut 85.000 Mitwirkende insgesamt.

Wie in einer langen Prozession ziehen die Horden seit Tagen auf der Hauptstraße ins Dorf, zum Edeka-Markt, zum Bäcker, zur Sparkasse und zum Landgasthof „Zur Post“, wo es wie immer ein großes Frühstückbüffet und deftige Hausmannskost gibt. Auf dem Festivalgelände spielen die Bands seit Mittwoch, bis Samstagnacht sind fast 200 Auftritte geplant, darunter von Slayer, Powerwolf, Sabaton, Parkway Drive, Airbourne und The Boss Hoss.

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Angefangen haben die beiden Festivalgründer Thomas Jensen und Holger Hübner in der Kuhle. In dieser Senke am Rande des Dorfs, dort wo jetzt die Zelte und Garderoben für die Künstler stehen, veranstalteten sie 1990 ihr erstes Open-Air. Als Jugendliche hatten sie mit ihrer Rockband Skyline auf Dorffesten und in Kneipen gespielt und im Anschluss Platten mit harter Musik aufgelegt. Irgendwann kamen sie dann zusammen mit ein paar Kumpels in einer Bierlaune auf die Idee mit der Kuhle. Knapp 800 Besucher kamen zu der wilden Freiluft-Party, sechs Bands spielten, natürlich auch Skyline. Die Kunde von der rockigen Wackener Dorfjugend verbreitete sich wie ein Lauffeuer, und zwei Jahre später kamen schon 3500 Zuschauer, um 26 Bands zu sehen. Dazu zählte auch Saxon, der erste internationale Headliner. 1996 sorgten dann die Böhsen Onkelz für den ersten Riesenstau im Dorf – und für den Durchbruch des Festivals. Ein Jahr später kamen schon 10.000 Fans, 1998 waren es 20.000, die Kuhle wurde zu klein und das Festivalgelände auf die umliegenden, von den Bauern gemieteten Wiesen verlegt.