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Opels Adel: In diplomatischen Kreisen

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Schau mir in die Augen: Diplomat mit senkrechten Scheinwerfern, Admiral mit horizontalen.

Vor 50 Jahren begann der Anfang vom Ende der Opel-Großwagen. In der zweiten Generation der Baureihe mit den Modellen Kapitän, Admiral und Diplomat bot Opel 1969 hervorragende Technik, doch ein Verkaufserfolg blieb aus. Das Ende kam dann 1977.

Opel, was ist aus dir geworden? Heute ist die einst so stolze Marke im Markt reichlich im Hintertreffen, 117.425 Neuzulassungen in Deutschland im ersten halben Jahr 2019 bedeuten nur noch den sechsten Rang in der Statistik, hinter Platzhirsch Volkswagen (344.194), Mercedes-Benz, Audi, Ford und BMW (alle zwischen 140.000 und 160.000). Und Opel muss aufpassen, dass es nicht auch noch von Škoda (107.366) überholt wird. Der Marktanteil beträgt nur noch 6,4 Prozent.

Vor 50 Jahren sah das anders aus. Opel war eine ganz große Nummer, schaffte 1970 in Deutschland erstmals mehr als 400.000 Verkäufe und überflügelte 1972 und 1973 sogar Volkswagen. Der Marktanteil war jenseits von 20 Prozent. Natürlich hinkt der Vergleich mit heute, die Importeure waren schwächer, die japanischen Hersteller waren erst am Anfang, von den koreanischen gar nicht zu reden. Und Deutschland war noch geteilt. Der Wiedervereinigung verdankt Opel einen Rekord für die Ewigkeit: 1991 wurden fast 610.000 Opel zwischen Lörrach und Usedom verkauft, der Marktanteil war immer noch bei 14,7 Prozent. 2006 fiel er dann zum ersten Mal unter die 10-Prozent-Marke. 6,6 Prozent im vergangenen Jahr waren der bisherige Tiefpunkt. Peugeot als neuer Besitzer muss also viel tun, damit Opel wieder groß wird. Ein Lichtblick sind die 700 Millionen Euro Gewinn, die Opel im ersten Halbjahr 2019 zum Betriebsergebnis des PSA-Konzerns beisteuern kann.

Und vielleicht hilft auch eine Rückschau auf jene Zeit, als Opel nicht nur vom Volumen her einer der Marktführer war, sondern sogar so viel Selbstbewusstsein hatte, wie selbstverständlich Mercedes-Benz anzugreifen. Für die Jüngeren: 1969/70 spielten BMW und Audi noch keine Rolle in der Oberklasse. Aus dem Kapitän, der in den Fünfzigern und den frühen sechziger Jahren mindestens auf einer Höhe mit Mercedes war, hatte Opel 1964 eine ganze Familie gemacht und den Admiral und den Diplomat dazu gefügt. Fertig war die KAD-Baureihe. Es kam eine moderne Karosserie mit einer Länge von 4,95 Meter, die für alle drei mehr oder weniger gleich war. Unterschieden wurde in erster Linie durch die Motorisierung. Mit sechs Zylindern aus 2,6 Liter Hubraum und 100 PS im Kapitän fing es an, der teuerste Diplomat hatte einen V8-Motor mit 5,4 Liter Hubraum und 230 PS.

Als dann vor 50 Jahren die nächste Generation auf den Markt kommt, bleibt es bei dem gleichen KAD-Schema: Die abermals moderner gestaltete Karosserie mit jetzt 4,91 Meter Länge wird allen dreien mitgegeben, allerdings hat nur der Diplomat senkrecht stehende Scheinwerfer. Außerdem bekommt er serienmäßig ein Vinyldach. Das war damals groß in Mode. Das Wichtigste tut sich aber unter dem Kofferraum: Die alte Starrachse kommt endlich raus, und eine hochmoderne DeDion-Hinterachse hält Einzug. Damit wird ein Fahrverhalten erreicht, das die Medienlandschaft vom „Stern“ über die Deutsche Automobil Revue“ bis zur „Auto, Motor und Sport“ über den grünen Klee lobt. 1970 gewinnt der Diplomat in der letztgenannten Zeitschrift einen Vergleichstest gegen Mercedes-Benz 280 SE, BMW 2800, Jaguar XJ6 und den heute vergessenen Fiat 130.

Die allgemeine Marktführerschaft in Deutschland hilft Opel aber nicht im Oberklasse-Markt. Gegen das Image von Mercedes-Benz kommen die Rüsselsheimer mit ihren amerikanisch wirkenden Oberklasse-Autos nicht an, so gut sie auch sein mögen. So wird gleich 1969 mit dem Neuheiten-Bonus der Baureihen-Produktionsrekord für die letzte Serie von 17.777 Einheiten aufgestellt. 11.673 davon sind für den heimischen Markt. Zum Vergleich: Mercedes-Benz baut im gleichen Jahr 57.202 Einheiten der S-Klasse (Baureihen W 108/109), 26.309 bleiben in Deutschland.