Leib & Seele

Kolumne „Fünf Dinge“: Fünf Dinge, die beim Kellnern nerven

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Ganz so schnell wie beim Berliner Kellnerlauf muss man im Café nicht sein – wobei sich manche Gäste das wohl wünschen würden.

Viele schimpfen über Kellner. Dabei haben Kellner selbst viel mehr Gründe, sich aufzuregen – über die nervigen Angewohnheiten der Gäste. Die Kolumne „Fünf Dinge“, zu Protokoll gegeben von Teilzeit-Kellner Mohamed Hjaiej.

1. Die Kontaktaufnahme

Ich arbeite seit fast zehn Jahren als Kellner, zurzeit neben dem Studium in einem Café in Darmstadt. Ein Klassiker, der meine Kollegen und mich nervt, sind Gäste, die uns pfeifend oder schnipsend zu sich rufen wollen. Früher kam das sehr oft vor, mittlerweile ist es weniger geworden. Leute, die das machen, ignoriere ich entweder erst mal komplett, oder ich spreche sie darauf an, dass das nicht geht.

Sehr unangenehm sind auch Gäste, die einen von hinten antippen, während man gerade eine Bestellung am Nachbartisch aufnimmt. Das ist unhöflich den Kunden gegenüber, die ich gerade bediene – und es bringt mich durcheinander. Angenehm finde ich es, wenn Gäste, die einen Wunsch haben, Augenkontakt suchen und nicken oder lächeln. Das versteht man direkt. Als guter Kellner hat man die Tische und Gäste im Blick, das dauert also nicht lange.

2. Telepathie-Versuche

Was nervt, sind Leute, die ihr Glas hochhalten, um nochmal dasselbe zu bestellen. Wir haben viele Tische und noch mehr Getränke auf der Karte – ob jetzt dieser spezielle Gast ein Bier oder eine Apfelsaftschorle hatte, kann man dem Glas nicht ansehen. Es gibt auch Gäste, die zwar regelmäßig zu uns kommen, aber jedes Mal etwas anderes trinken – und trotzdem sagen: „Einmal wie immer bitte!“ Was heißt, „wie immer“? Du hast verschiedene Sachen bestellt! Es ist mir und meinen Kollegen ein Rätsel, warum das so viele Leute machen. Vielleicht fühlt es sich cool an, gerade bei Gästen, die jemanden dabei haben.

Auch Gäste, die sich erst im Nachhinein beschweren, nerven. Es kann mal vorkommen, dass wir das falsche Essen bringen. Fehler passieren überall. Viele weisen darauf aber erst hin, wenn sie aufgegessen haben. Wahrscheinlich haben sie keine Lust, noch mal zu warten, weil sie davon ausgehen, dass es wieder genauso lange dauert. Aber so ist es nicht: Wenn wir einen Fehler gemacht haben, wird die richtige Bestellung direkt vorgezogen. Das dauert zehn Minuten, dann steht das richtige Essen auf dem Tisch. Aber was sollen wir danach machen?

3. Antworten auf Fragen

Eine unserer Standardfragen ist: „Zusammen oder getrennt ?“ Sehr oft antworten Gäste darauf mit: „Ja.“ Wahrscheinlich reagieren die Leute direkt auf das erste Wort, das sie hören. Ich frage mittlerweile oft nur noch: „Zusammen?“ Eine andere Frage, die wir oft stellen, ist: „Klein oder groß?“ Und was antworten die Leute? „Normal.“ Wie soll ich das verstehen, was ist normal für dich? Ich stelle dann dieselbe Frage nochmal.

Bei einer anderen Art von Frage bekomme ich manchmal gar keine Antwort. Zum Beispiel wenn ich mit einem schweren Tablett voller Getränke zu einer großen Gruppe komme und frage: „Wer bekommt die Apfelschorle?“. Oft erinnert sich keiner daran, die bestellt zu haben – bis irgendwer sagt: „Das hast du doch bestellt“. Erst dann sagt irgendwer: „Ah, stimmt, das ist meine.“

4. Unschlüssige Gäste

Sehr nervig sind Gäste, die mich an den Tisch rufen und dann erst anfangen, sich etwas auszusuchen. Das kommt sehr oft vor. Manchmal beraten sie sich, während ich im vollen Café daneben stehe: „Soll ich das nehmen, oder das?“ Wenn ich als Kellner Stress habe, zählt jede Minute. Es gibt nicht nur einen Tisch. Manche glauben, dass ein Kellner nur für sie zuständig ist.

Oft wollen Leute etwas bestellen, das nicht auf der Karte steht – obwohl sie die vorher studiert haben. Warum sollten wir etwas da haben, aber nicht auf die Karte schreiben? Traubensaftschorle wird oft bestellt, haben wir aber nicht. Ein anderer nerviger Klassiker: Ich gehe zu einem Tisch, an dem mehrere Gläser fast leer sind und frage, ob jemand noch Nachschub will. Oft bestellt eine Person nach – und erst wenn ich dieser Person das Getränk bringe, bestellt die nächste etwas. Das kostet viel Energie und Zeit.

5. Die Wahl des Tisches

Was ein faszinierendes Phänomen ist: Gäste, die ins Café kommen, setzen sich bevorzugt an den einzigen Tisch, der noch nicht aufgeräumt ist – auch wenn alle anderen Tische frei sind. Wahrscheinlich gehen sie davon aus, dass es der beste Tisch ist. Dadurch geraten wir sofort unter Zeitdruck, weil wir gleich hin müssen, um den Tisch aufzuräumen und zu putzen – was einfacher ist, wenn niemand an dem Tisch sitzt. Es ist etwas ganz anderes, wenn sich eine Gruppe an einen aufgeräumten Tisch setzt, sich erst mal die Karte nimmt und überlegt. Dann sucht man irgendwann den Augenkontakt und geht hin.

Wenn die Gäste einen Tisch gefunden haben, bleiben sie dort oft nicht. Gerade im Sommer wandern bei uns viele der Sonne hinterher – ohne Bescheid zu geben. Das ist wirklich nervig: Wir kommen an dem Tisch an, auf den wir die Bestellung gespeichert haben, und dort sitzen plötzlich ganz andere Leute. Wir müssen auf die Suche gehen. Und später kommen wir bei der Abrechnung durcheinander. Manchmal bleiben Getränke übrig, die nicht bezahlt wurden.

(Protokolliert von Sebastian Eder)

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