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Probefahrt VW Passat: Nur keine Eile mit den neuen IDeen

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Über alle Versionen hinweg tritt die jüngste Passat-Generation im womöglich noch verdichteten Chrom-Ornat an.

Der VW Passat wurde umfangreich überarbeitet und legt die Messlatte hoch. Er ist eine sehr gute, aber unmodische Alternative zu den VW-SUV.

Aufs Altenteil darf der VW Passat noch lange nicht. Denn die große Mittelklasse-Modellfamilie aus zwei Karosserien und einem gesundgeschrumpften Angebot von Benzin- und Dieselmotoren, die vorzugsweise mit dem nicht mehr ganz neuen Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe kooperieren, ist jetzt intensiv renoviert worden. Eine komplette Neuauflage des aktuell konservativsten VW-Modells ist erst in drei bis vier Jahren zu erwarten. Der Grund für die aufwendige Renovierung des fast ewig haltbaren Bestsellers liegt in der Zukunft: Für die milliardenschweren Investitionen in die elektrisch angetriebenen und womöglich autonom fahrenden Mobile der neuen VW-Marke ID, da müssen auch die Veteranen ran.

Diese sind dazu verdammt, die möglichst satten Erträge zu liefern, die in jene Modelle investiert werden, denen Volkswagen-Chef Herbert Diess offenbar seine Zuneigung geschenkt hat. Auf verstörende Typenbezeichnungen getauft (VW Roomzz, Crozz und Buzz), sollen sie den bewährten, aber ob ihrer Schadstoffe in den Abgasen verfemten Standard-Modellen vom Jahr 2022 an die oberen Ränge streitig machen. Wie erste Probefahrten mit drei Neuheiten aus der Passat-Familie jetzt zeigten, hat es bestimmt für viele Kunden keine Eile mit dem Umstieg.

Über alle Versionen hinweg tritt die jüngste Passat-Generation im womöglich noch verdichteten Chrom-Ornat an. Kühlergrill und Heck wirken weniger puristisch als vielmehr protzig, und damit entfernt sich diese Baureihe vom einstigen technoiden Auftritt. Dadurch erhält besonders die Limousine einen sehr konservativen Auftritt, der an frühere Deko-Modelle erinnert. Jedoch liegt der klarer gezeichnete Variant, also der Kombi, mittlerweile in Deutschland bei einem Verkaufsanteil von rund 90 Prozent. Mehr Individualisierung sollen neue Inhalte für die Ausstattungsstufen Passat, Business und Elegance in Verbindung mit R-Line bieten. Gleichzeitig sind die Fahreigenschaften deutlich verfeinert worden, dazu gehören ruhigeres Abrollen und sanfteres Federungsverhalten ebenso wie die präzise und nicht zu leichtgängig arbeitende Lenkung.

Bei knapp 39 000 Euro startet der billigste Business-Benziner, die Diesel fordern mindestens 34 720 Euro, wobei hier die noch immer recht famose DSG-Schaltung zum Serienstandard gehört. Drei Otto-TSI- und vier TDI-Motoren stehen zur Wahl, alle arbeiten wie bisher mit Frontantrieb oder dem 4Motion-Allradantrieb zusammen.

Aus der Menge neuer Technik – VW nennt das „Update“ – in der gesamten Modellfamilie fahren zwei Varianten besonders deutlich voraus: Für geschätzt zu 45 000 bis 49 000 Euro stromert der überarbeitete Passat GTE zeitweise ohne lokale Schadstoffe ab September über die Straßen. VW sagt, dieser GTE sei das erste Modell einer neuen Generation von Plugin-Hybriden der Marke. Beim Passat GTE wird eine neue, stärkere 13-kWh-Batterie eingesetzt, mit 31 Prozent mehr Energie-Inhalt als vorher. Damit kann der GTE nach VW-Angaben bis zu 55 (Variant) oder bis zu 56 Kilometer (Limousine) rein elektrisch fahren. Gemessen nach dem neuen WLTP-Zyklus, das entspricht nach der früheren NEFZ-Messmethode rund 70 Kilometer. Zusammen mit dem 1,4-Liter-TSI-Benziner ergibt sich eine Systemleistung von 218 PS: Bei Bedarf sprintet der Passat GTE in etwa 7,5 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h, erreicht eine Maximalgeschwindigkeit von fast 230 km/h und begnügte sich bei unseren Probefahrten mit Bordcomputer-Werten zwischen 3,4 und 6,6 Liter Benzin für 100 Kilometer.

Zudem könnte der Stromverbrauch bei 5 bis 7 KWh auf 100 liegen, Reichweiten von gut über 800 Kilometer mit einer Tank-Batterie-Füllung sind zu erwarten. Teilautomatisiertes Fahren ist mit bis zu 210 km/h möglich, ob es wünschenswert erscheint, entscheiden die Kunden. Alle Passat-Versionen erreichen mehr als 200 km/h, der GTE entspricht bereits der ab 2021 geltenden Abgasnorm Euro 6d.

Auch der Alltrack-Version mit Allradantrieb hat die Überarbeitung nicht geschadet. Als Basis dient der Passat Variant, der die Wahl zwischen einem Topbenziner (2.0 TSI mit 272 PS) und zwei 2-Liter-Dieseln mit 190 oder 240 PS bietet und von außen an massiven Kunststoffverstärkungen für Schweller und Radausschnitte zu erkennen ist.

Bei knapp 50.000 Euro beginnen die Preise für den zivil-geländegängigen Passat Alltrack. Eine sehr gute, aber unmodische Alternative zu den VW-SUV, und aufs Altenteil gehört der inzwischen 30 Millionen Mal verkaufte VW Passat noch längst nicht.