Die Gegenwart

Demokratie und Philosophie: Moral in Zeiten der Klimakrise

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Rauch steigt aus den Schornsteinen einer Industrieanlage auf. Hilft die Besinnung auf die Moral in der Klimafrage?

Wir können nicht einerseits auf denkbar großem Fuß leben, aber die Konfrontation mit den ökologischen und sozialen Folgekosten bequem von uns weisen. Ein Gastbeitrag zur Philosophie des Klimawandels.

Unter den gesicherten Bedingungen von siebzig Jahren rechtsstaatlicher Demokratie in der Bundesrepublik inklusive des Glücks einer friedlichen Revolution vor nun bald dreißig Jahren kann man sich kaum vorstellen, einmal in eine Situation zu kommen, das Grundgesetz in existentiell herausfordernder Weise verteidigen zu müssen. Aber nicht nur die derzeitige Entwicklung in den Vereinigten Staaten verdeutlicht, dass es für keine politische Ordnung eine Bestandsgarantie gibt und ein freiheitlicher Verfassungsstaat sich nicht von allein erhält – oder, um die berühmte Formulierung Ernst-Wolfgang Böckenfördes zu zitieren, seine Voraussetzungen nicht selbst garantieren kann. Es bedarf vielmehr von allen Bürgerinnen und Bürgern der teilnehmenden Sorge um das politische Gemeinwesen.

Kann die Sorge um das Gemeinwesen aber auch überhandnehmen und umschlagen in unangemessene Belehrung und Hysterie? Dieser Vorwurf wird insbesondere dem ökologischen politischen Denken gemacht, das in unserer Gegenwart in der Breite der Bürgerschaft angekommen ist: Hypermoral sei es, wenn die besorgten Jugendlichen der Fridays-for-Future-Bewegung meinten, auf die bürgerliche Erfüllung der Schulpflicht verzichten zu können, oder wenn die Veganerin dem Fleischesser und Milchtrinker die industrielle Massentierhaltung vorhält und einen Veggie-Day in der Kantine fordert, zudem auch Doppelmoral, da sie selbst vermutlich zu den kosmopolitischen Vielfliegern gehört.