Wie angekündigt hat die britische Premierministerin Theresa May den Vorsitz der Konservativen Partei abgegeben. Bis ihre Nachfolge Ende Juli geklärt ist, bleibt sie zwar als Regierungschefin im Amt – mit dem Brexit will sie aber nichts mehr zu tun haben.
Die britische Premierministerin Theresa May ist am Freitag wie angekündigt als Chefin der Konservativen Partei zurückgetreten. Damit gab sie am Freitag zugleich den formellen Startschuss für das Rennen um ihre Nachfolge. Der Kandidat, der sich durchsetzen kann, übernimmt den Parteivorsitz und wird auch neuer Premierminister.
Die 62-Jährige verkündete ihren Rücktritt in einem persönlichen Schreiben an ihre Partei, auf einen öffentlichen Auftritt verzichtete sie. Sie hatte am 24. Mai das Handtuch geworfen, nachdem sie in ihrer eigenen Partei seit Monaten keinen ausreichenden Rückhalt für ihren Brexit-Kurs erhalten hatte. Ihr mit der EU ausgehandelter Brexit-Plan wurde drei Mal vom Parlament abgelehnt.
May selbst will sich offenbar in den Wochen bis zu ihrem endgültigen Rücktritt als Premierministerin aus der Brexit-Debatte heraushalten. „In ihrer restlichen Amtszeit wird sie auf der innenpolitischen Agenda aufsetzen, die für sie das Herz ihrer Arbeit als Premierministerin ist“, sagte Mays Sprecherin.
Am Montagnachmittag endet die Nominierungsfrist für ihre Nachfolge. Derzeit gibt es elf Kandidaten, doch wird damit gerechnet, dass sich einzelne chancenlose Bewerber bis Montag wieder aus dem Rennen zurückziehen werden. Bis zum 20. Juni will die Parteiführung aus dem Kreis aller Bewerber zwei Kandidaten in die Stichwahl um den Parteivorsitz schicken, bei der dann die rund 100.000 Parteimitglieder die Entscheidung treffen.
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Nach den britischen Gepflogenheiten wird der Chef der Regierungspartei automatisch auch Premierminister. Der Streit zwischen Großbritannien und der EU über den Brexit dürfte sich dann verschärfen. Während einige aussichtsreiche May-Nachfolger neue Bedingungen für einen Austritt aus der Staatengemeinschaft aushandeln wollen, pocht die EU auf den mit May vereinbarten Vertrag, der jedoch im britischen Parlament wiederholt durchgefallen ist.
Als ein Favorit für Mays Nachfolge gilt Ex-Außenminister und Brexit-Hardliner Boris Johnson. Doch zeichnen sich Machtkämpfe bei den britischen Konservativen traditionell dadurch aus, dass ihr Ausgang schwer vorhersehbar ist.
Johnson konnte am Freitag eine wichtige juristische Hürde nehmen: Der High Court in London wies eine Vorladung des 54-Jährigen wegen möglicherweise wissentlich falscher Aussagen vor dem Brexit-Referendum ab. Ein Kläger wollte Johnson wegen Fehlverhaltens im Amt vor Gericht bringen. Er warf ihm vor, die Briten vor dem Referendum wiederholt über die Kosten der britischen EU-Mitgliedschaft belogen zu haben.
Nach den derzeitigen Planungen scheidet Großbritannien am 31. Oktober aus der EU aus. Auf Mays Nachfolger kommt nun die fast unlösbare Aufgabe zu, bis dahin einen mehrheitsfähigen Plan für den Brexit zu finden.