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Wahl in der Ukraine: Historischer Sieg für Selenskyj

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Große Freude beim Herausforderer: Wolodymyr Selenskyj und seine Frau Olena Selenska gratulieren sich gegenseitig im Hauptquartier.

In der Ukraine hat der Komiker und Politneuling Wolodymyr Selenskyj laut Prognosen die Präsidentenwahl am Sonntag in der zweiten Runde mit rund 73 Prozent der Stimmen klar für sich entschieden. Sein Sieg ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert.

Machtwechsel in Kiew: Der Komiker Wolodymyr Selenskyj hat laut Nachwahlbefragungen die Stichwahl um das Präsidentenamt in der Ukraine mit deutlichem Abstand gewonnen. Exit Poll National, ein Verbund von drei Meinungsforschungsinstituten, sah Selenskyj nach Schließung der Wahllokale bei 73,2 Prozent der Wählerstimmen und Poroschenko bei 25,3 Prozent. Selenskyj gelang es, in allen Regionen der Ukraine die meisten Stimmen zu holen. „Ich werde euch niemals enttäuschen“, versprach Selenskyj der ukrainischen Bevölkerung bei einer Rede in seiner Wahlkampfzentrale. Er wandte sich auch an die Menschen in anderen früheren Sowjetstaaten: „Schaut auf uns! Alles ist möglich.“ Am prowestlichen Kurs der Ukraine dürfte sich nichts ändern.

Der bisherige Präsident gratulierte dem Wahlsieger. Poroschenko sagte bei einer Rede vor Anhängern, er akzeptiere das Ergebnis und werde alle seine Ämter niederlegen. Er betonte aber, er werde sich nicht aus der Politik zurückziehen.

Die Wahl ist in mehrfacher Hinsicht historisch: Mit Selenskyj kommt in dem Land zwischen der EU und Russland erstmals ein Staatsoberhaupt ohne jedwede Regierungserfahrung ins Amt. Es wäre auch das höchste Ergebnis, das je ein Präsident der unabhängigen Ukraine erzielt hat. Selenskyj, der jüngste Präsident der ukrainischen Geschichte, strebt wie Poroschenko einen EU-Beitritt an. Über einen umstrittenen Nato-Beitritt der Ukraine soll eine Volksabstimmung entscheiden.

Dagegen musste der zuletzt noch in Berlin von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) empfangene 53 Jahre alte Poroschenko nach fünf Jahren im Amt eine Niederlage hinnehmen. Er hatte einen antirussischen Wahlkampf geführt. Poroschenko warnte davor, dass der russische Präsident Wladimir Putin sich das Land unterwerfen wolle. Selenskyj wies dabei Vorwürfe zurück, eine russische Marionette zu sein.

Begleitet wurde die Abstimmung am Ostersonntag von einem weiteren Schlagabtausch der beiden Kandidaten. „Es ist sehr wichtig, dass bei der Wahl der Verstand Oberhand behält“, sagte Amtsinhaber Petro Poroschenko bei seiner Stimmabgabe in Kiew am Sonntag. In zuletzt veröffentlichten Umfragen hatte der Präsident bereits deutlich hinter dem Politneuling und Komiker Wolodymyr Selenskyj gelegen. Poroschenko sagte, die Abstimmung könne Spaß machen. „Aber danach sollte es nicht schmerzhaft werden“, mahnte der Amtsinhaber bei der Stimmabgabe. „Ich verlasse mich auf die Weisheit des ukrainischen Volkes.“

Rund 30 Millionen Wähler waren in der krisengebeutelten ehemaligen Sowjetrepublik zur Stimmabgabe aufgerufen. Beide Kandidaten stehen für einen prowestlichen Kurs in Richtung EU und Nato. Sie hatten sich seit dem ersten Wahlgang vor drei Wochen einen hitzigen Wahlkampf geliefert. Dabei war es unter anderem zu Drogentests und einem turbulenten Rede-Duell im Kiewer Olympia-Stadion gekommen. Poroschenko hatte dem Polit-Neuling immer wieder dessen Unerfahrenheit und Populismus vorgeworfen. Selenskyj kritisierte hingegen, dass Poroschenko in fünf Jahren Amtszeit den Krieg im Osten des verarmten Landes nicht beendet zu haben und die Korruption zugenommen habe.

Poroschenko sagte, dass das Land riesige Fortschritte gemacht habe. „Wir haben eine gesicherte demokratische Tradition und gerade das macht die Ukraine als europäischen Staat aus.“