Essen & Trinken

Pfälzer Rings-Brüder: Schöne Bescherung zur Winzervolljährigkeit

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Viel gewagt, aber auch gewonnen: Die Brüder Steffen (links) und Andreas Rings in ihrem Weinkeller (Archiv).

Steffen und Andreas Rings aus Freinsheim in der Pfalz haben in den vergangenen achtzehn Jahren einen märchenhaften Aufstieg durchlebt – der in Wahrheit ein Weg voller Steine war. Die Kolumne Geschmackssache.

Man kann seine Besucher auch ganz anders durch diesen Weinkeller führen, wie ein Feldherr durch sein gerade erobertes Reich zum Beispiel oder wie ein frischgekrönter Sonnenkönig durch seinen Palast. Andreas Rings aber zuckt nur mit den Schultern, lächelt freundlich und sagt, dass er es sich vor achtzehn Jahren auch nicht hätte träumen lassen, aber so sei es nun einmal gekommen. Dann zeigt er uns seinen brandneuen Weinkeller, einen der spektakulärsten der gesamten Pfalz, dieses Riesending aus Sichtbeton mit kathedralenhohen Fichtenholzdecken, zu siebzig Prozent unterirdisch in die Freinsheimer Wingerte gebaut und groß genug für Hunderte von Holzfässern und Dutzende von Stahltanks. Zweihunderttausend Flaschen werden hier künftig Jahr für Jahr abgefüllt, vieles davon hochdekorierte Gewächse, die in die besten Restaurants Deutschlands geliefert und bis nach Amerika und Australien exportiert werden. Offiziell in Betrieb geht der Keller übrigens demnächst mit einem Grillfest für die Belegschaft.

Im Jahr 2001 eröffnen Steffen und Andreas Rings ihrem Vater, einem braven Fassweinwinzer aus Freinsheim, dass sie in Zukunft anspruchsvolle Flaschenweine im elterlichen Gut keltern wollen. Der Vater hält die Idee für Unfug, lässt seine Söhne aber gewähren, obwohl der eine ein Jungspund von Anfang zwanzig und der andere noch ein halbes Kind ist. Für ein Studium in Geisenheim bleibt keine Zeit, für Auslandspraktika fehlt das Geld, eine Winzerlehre und eine Ausbildung zum Weinbautechniker müssen genügen. Allein durch das Verkosten Tausender von Weinen schulen die Brüder Geschmack und Verstand, machen anfangs aber einen Fehler nach dem anderen, ernten die Trauben zu spät, unterbrechen die Gärung zu früh, lassen den Alkoholgehalt ins Kraut schießen. Sie seien wie Fahranfänger gewesen, sagt Andreas Rings: „Wir hatten zwar den Führerschein, aber Autofahren konnten wir deshalb noch lange nicht.“

Vom Fahranfänger zur Hocharistokratie des Winzerstandes

Das sollte sich mit den Jahren ändern. Allmählich begreifen die Brüder, dass man den Trauben nicht mit Technik zu Leibe rücken darf, sondern die Natur ihre Arbeit machen lassen muss. Sie experimentieren mit Burgundern, pflanzen die klassischen Rebsorten des Bordelais, pachten bei jeder Gelegenheit neue Spitzenlagen, kommen ihrem eigenen Stil immer näher. Der Verband der Deutschen Prädikatsweingüter wird auf sie aufmerksam und nimmt sie 2015 schließlich auf – der Ritterschlag für die Brüder, die inzwischen Preise im Akkord gewinnen und zur Hocharistokratie des deutschen Winzerstandes gehören.

Das alles klingt nach einer Hollywood-Schmonzette mit eingebautem Happy End, doch es war ein steiniger Selbstfindungsprozess voller Zweifel, Rückschläge und Generationenkonflikte. Vor ein, zwei Jahren erst seien sie ans Ziel gekommen, das natürlich nur ein vorläufiges sei, sagt Andreas Rings, der sich vor allem um den Keller kümmert, während sein acht Jahre älterer Bruder am liebsten im Weinberg ist. Jetzt keltern sie die Weine, die sie wirklich machen wollten: tiefe, dichte Gewächse aus reifen, aber niemals überreifen Trauben, die bei aller Wucht und Intensität nicht überladen sind, sondern immer Länge, Frische und Trinkfluss haben – Weine wie den Ungstein Riesling, der auf einem sonnenprallen Südhang mit Löss, Lehm, Buntsandstein und Terra Rossa wächst, sich aber weder mit Fruchtaromen vollsaugt noch trotz aller Mächtigkeit dick und schwer wird. Auch der Kalk & Stein, eine Cuvée aus Chardonnay vom Kalkstein und Weißburgunder vom Buntsandstein, ist ein voluminöser Kraftprotz mit prägnantem Holz, der seine Wuchtigkeit mit einer herrlich frischen, nach Kräutern duftenden Lebendigkeit im Zaum hält.