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Grundsätzliche SPD-Bedenken: Seehofer legt umstrittenen Entwurf für kürzere Asylklageverfahren vor

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Horst Seehofer (CSU), Bundesminister des Innern, am Freitag bei einer Pressekonferenz in Berlin

Die Groko will prüfen, wie Asylverfahren bei Verwaltungsgerichten „künftig zügiger durchgeführt werden können“. So steht es im Koalitionsvertrag. Horst Seehofer hat dazu einen Vorschlag präsentiert. Den sehen einige in der SPD kritisch.

Die Bundesregierung will die oft langwierigen Klageverfahren abgelehnter Asylbewerber per Gesetz vereinfachen und beschleunigen. Mit diesem Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag sollen die Verwaltungsgerichte entlastet werden. Bei ihnen hatten sich zu Jahresbeginn mehr als 300.000 Asylverfahren angehäuft.

Außerdem sollen schnellere Entscheidungen dafür sorgen, dass Migranten, die gegen ihren Asylbescheid klagen, nicht nur deshalb länger in Deutschland bleiben, weil überlastete Richter es nicht schaffen, schnell zu entscheiden.

Im SPD-geführten Justizministerium gibt es aber wohl grundsätzliche Bedenken gegen den ersten Entwurf, den Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) vorgelegt hat. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr, verhinderte das Justizministerium vor einigen Tagen, dass der Referentenentwurf in seiner aktuellen Fassung zur Stellungnahme an Länder und Verbände weitergeleitet wird.

Der für Innenpolitik zuständige stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, forderte vom Ministerium von Katarina Barley (SPD), sich nicht gegen eine zügige Beratung zu sperren. Es seien in den vergangenen drei Jahren große Anstrengungen unternommen worden, um die Dauer der Asylverfahren zu senken und damit für die Antragsteller rasch Klarheit zu schaffen. „Durch einen gewaltigen Personalaufwuchs beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) ist es uns gelungen, die große Zahl der Altverfahren abzubauen und die durchschnittliche Dauer eines neuen Verfahrens auf inzwischen drei Monate zu reduzieren. Vor diesem Hintergrund darf es nicht sein, dass es durch sehr lange Gerichtsverfahren am Ende zu einer Verfestigung des Aufenthaltsstatus kommt.“

Seehofers Entwurf sieht nach Angaben aus Regierungskreisen vor, dass Grundsatzfragen zu Asylverfahren künftig durch das Bundesverwaltungsgericht für allgemeingültig geklärt werden können. Das ist bislang nicht erlaubt – und führt dazu, dass die Oberverwaltungsgerichte immer wieder über die gleichen Fragen entscheiden müssen. Denn das Bundesverwaltungsgericht ist in Asylrechtsverfahren bislang auf eine Prüfung von Rechtsfragen beschränkt.

Richter urteilen bislang höchst unterschiedlich

Die geplante Erweiterung der Revisionsmöglichkeit soll auch verhindern, dass Verwaltungsgerichte in verschiedenen Bundesländern den gleichen Sachverhalt unterschiedlich bewerten. Das passiert zurzeit häufig – obwohl ihnen zur Beurteilung der Lage im Herkunftsland des Asylbewerbers die gleichen Erkenntnisse vorliegen – etwa vom Auswärtigen Amt und vom UN-Flüchtlingshilfswerk.

Besonders wenn es darum geht, ob ein Asylbewerber, der schon in einem anderen EU-Staat registriert worden ist, nach den sogenannten Dublin-Regeln in dieses Land zurückgeschickt wird, urteilen die Verwaltungsrichter bislang höchst unterschiedlich. Während einige Richter Familien mit Kindern nicht zurück nach Bulgarien schicken, sehen andere da kein Problem.

Nicht nur Asylbewerber, deren Antrag auf Schutz in Deutschland abgelehnt wurde, ziehen vor Gericht. Auch Ausländer, denen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) nur einen „subsidiären Schutzstatus“ zuerkannt hat, klagen häufig. Denn für Flüchtlinge mit diesem Status ist es schwieriger, Familienangehörige nachzuholen.

Im vergangenen Jahr hatten nach Angaben der Bundesregierung 133.251 Asylbewerber gegen das Bamf geklagt. Die meisten von ihnen stammten aus Syrien, dem Irak und aus Afghanistan.