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Nichtwahl von AfD-Abgeordneten: Der Nächste, bitte!

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Der AfD-Abgeordnete Armin-Paul Hampel spendet Mariana Harder-Kühnel Trost nach dem 3. Wahlgang für das Amt der stellvertretenden Bundestagspräsidentin.

Der Fall, dass die AfD den Vizepräsidenten eines Parlaments stellt, ist bisher die Ausnahme. Warum die Partei in vielen Gremien unerwünscht ist.

Die Nichtwahl der AfD-Abgeordneten Mariana Harder-Kühnel zur Vizepräsidentin des Bundestags hat für Aufsehen und wütende Proteste aus ihrer Fraktion gesorgt. Ihre Ablehnung ist allerdings nur ein Beispiel. Andere Fälle sind schlicht weniger bekannt. In weiteren fünf Gremien auf Bundesebene sind die AfD-Kandidaten seit mehr als einem Jahr immer wieder durchgefallen. Im Einzelnen handelt sich dabei um drei Gremien des Bundestags, für deren Mitglieder eine besondere Pflicht zur Geheimhaltung besteht.

Das sogenannte Vertrauensgremium entscheidet über die Wirtschaftspläne für die Nachrichtendienste des Bundes. Dort wurde der AfD-Abgeordnete Marcus Bühl nicht gewählt. Ebenso erging es den AfD-Parlamentariern, die für das „Sondergremium“ nominiert waren. Es nimmt die Beteiligung des Bundestags bei Aufkäufen von Staatsanleihen eines Euro-Mitgliedstaates auf dem Sekundärmarkt wahr – gemäß dem Vertrag zur Errichtung des Europäischen Stabilisierungsmechanismus (ESM).

Auch in das Bundesfinanzierungsgremium wählte der Bundestag keine AfD-Abgeordneten. Es übt die Kontrolle über die Verschuldung des Bundes aus und wird vom Finanzministerium in geheimen Sitzungen über alle Fragen informiert, die den Finanzmarktstabilisierungsfonds und den Restrukturierungsfonds betreffen. Die Mitglieder des Gremiums sind zur Geheimhaltung verpflichtet. Für alle drei Gremien scheiterten die nominierten AfD-Abgeordneten von März 2018 an insgesamt siebenmal.

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Auch in zwei Kuratorien bekam die AfD keinen Sitz. Das eine ist das Kuratorium der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas („Holocaust-Mahnmal“), das über grundsätzliche Fragen der Stiftung beschließt und den Direktor und den Beirat bestellt. Hier scheint die Haltung des AfD-Politikers Björn Höcke, der von einer „erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad“ gesprochen hatte, entscheidend gewesen zu sein. Der als gemäßigt geltende Abgeordnete Uwe Witt, der sich zu den Zielen des Mahnmals bekannte, wurde nicht gewählt. Auch für einen Sitz im Kuratorium der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, die sich vor allem um die Verfolgung Homosexueller durch die Nationalsozialisten kümmert und einer gesellschaftlichen Diskriminierung Homosexueller entgegenwirken will, bekamen die nominierten AfD-Abgeordneten keine Mehrheit.

Ganz wie im Fall des Postens eines Vizepräsidenten stehen in allen Gremien den Fraktionen ein oder mehrere Vertreter zu – sie müssen aber trotzdem gewählt werden. Tatsächlich ist der Fall, dass die AfD den Vizepräsidenten eines Parlaments stellt, bisher die Ausnahme und nicht die Regel. In den Landesparlamenten hat sie nur in Hamburg und in Sachsen-Anhalt einen solchen Posten inne, in den vierzehn anderen Landesparlamenten aber nicht. Entweder die Kandidaten der AfD wurden nicht gewählt oder durch informelle Absprachen der anderen Fraktionen verhindert. So hatten sich Grüne, CDU, SPD und FDP im Landtag von Baden-Württemberg darauf geeinigt, dass es statt bisher zwei nur noch einen Stellvertreter der Landtagspräsidentin geben solle. Damit ging die AfD als drittstärkste Fraktion leer aus. Das Verfahren war zwar formal zulässig. „Glücklich“ finde er das aber überhaupt nicht, hatte der damalige Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) gesagt. In Nordrhein-Westfalen forderte die AfD, vier statt bisher drei Vizepräsidenten zu wählen. Das lehnten die anderen Fraktionen ab. In vielen anderen Landtagen geschah das Gleiche wie im Bundestag – die Kandidaten wurden schlicht nicht gewählt.

Für Parlamentsneulinge ist das nicht ungewöhnlich. Die Grünen mussten im Bundestag elf Jahre warten, bis sie eine Vizepräsidentin, nämlich Antje Vollmer, im Bundestag stellen konnten. Damals sorgte Wolfgang Schäuble dafür, dass die Unionsfraktion die Grüne und nicht eine weitere Sozialdemokratin wählte. Erst seit dem November 1994 steht in der Geschäftsordnung, dass „jede Fraktion“ im Präsidium vertreten ist.