Ausland

Parität von Frauen: Die kleinere Hälfte


Halbe-halbe? Ein Blick in die Reihen der des französischen Parlaments.

Frankreich hat die Parität von Frauen in der Politik schon – aber nur auf dem Papier. Manche Parteien nehmen lieber hohe Strafzahlungen in Kauf als mehr Frauen aufzustellen.

Seit fast zwei Jahrzehnten erprobt Frankreich die politische Parität von Männern und Frauen in der Politik, wie sie die Bundeskanzlerin jetzt angeregt hat. Die Erfahrung im wichtigsten europäischen Partnerland zeigt: Gesetze bewirken wenig, solange die Parteien sich dem Wandel mehr oder minder offen versperren. Erst die Bewegung „En marche“, die im Frühjahr 2017 bei der Kandidatenaufstellung Frauen und Männer gleichermaßen berücksichtigte, brachte den Durchbruch. Die Nationalversammlung ist zwar nicht paritätisch besetzt, aber der Frauenanteil ist mit 38,8 Prozent so hoch wie nie zuvor. 224 Frauen sitzen seit Juni 2017 als Abgeordnete in der ersten Parlamentskammer, in der vorangegangenen Legislaturperiode waren es nur 155 gewesen. In der Regierungsfraktion LREM (La République en marche) wurde die Parität fast erreicht: 47 Prozent Frauen, 53 Prozent Männer.

Der Vormarsch der Frauen nahm im vergangenen Jahr Züge eines Kulturschocks an. Mehrere Abgeordnete meckerten in einer Plenarsitzung wie Ziegen, um die Rede der 33 Jahre alten Abgeordneten Alice Thourot zu übertönen, einer dynamischen Rechtsanwältin aus der Regierungsfraktion. Die 36 Jahre alte Staatssekretärin Brune Poirson wurde von einem Abgeordneten der Opposition während einer Plenarsitzung verachtend als „ma poule“ („meine Henne“) angegangen. Nachdem sich eine 47 Jahre alte Juristin mit fünf Kindern, Yaël Braun-Pivet, bei der Wahl an die Spitze des Rechtsausschusses gegen ihre männlichen Mitbewerber behauptete, kam es zu hämischen Reaktionen.