Die Gegenwart

Hochschulfinanzierung: Bildungsmisere im Bundesstaat

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Die Studenten müssen es auslöffeln: Von manchem Ziel der Bologna-Reform ist nach ihrer Meinung nicht viel übriggeblieben.

Die finanziellen Anreize eines Landes, in die Hochschulausbildung zu investieren, sind gering. Das gilt zumal für Ostdeutschland, das seine Absolventen vor allem an Bayern verliert. Was also tun?

Die unbefriedigenden Zustände im Bildungswesen haben ursächlich viel mit der föderalen Struktur der Bundesrepublik Deutschland zu tun. Grundsätzlich ist die Bildung Ländersache, aber der Bund hat mehr und mehr Zuständigkeiten gewonnen, zuletzt das Recht, finanzschwache Kommunen bei der Verbesserung der „kommunalen Bildungsinfrastruktur“ – sprich: bei den Schulen – finanziell zu unterstützen.

Gemäß der Koalitionsvereinbarung sollen diese Finanzhilfen auf alle Gemeinden ausgeweitet werden. Solche zusätzlichen Finanzierungsstränge neben der allgemeinen Steueraufteilung im Rahmen des bundesstaatlichen Finanzausgleichs sind kein Zeichen von föderaler Stärke, sondern deuten auf ein Defizit im Bundesstaat hin, in der Regel auf eine unzureichende Aufgabenwahrnehmung seitens der Länder.

Bei den gescheiterten Verhandlungen über eine „Jamaika“-Koalition wie auch bei denen über eine große Koalition 2017/18 spielte die Bildungspolitik eine zentrale Rolle. Aber die Perspektive hatte sich gegenüber früheren Jahren deutlich geändert. Lobte Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Regierungserklärung vom 30. November 2005 noch den Bildungsföderalismus, begrüßte die anstehende Bundesstaatsreform und hob die Bedeutung der Länder für die Weiterentwicklung der Schulen hervor, hatte sich der Ton in ihrer Regierungserklärung vom 21. März 2018 merklich geändert: Die Bundeskanzlerin äußerte ihr Verständnis über den Unmut vieler Eltern über den Bildungsföderalismus und kündigte eine Investitionsinitiative des Bundes im Schulbereich an.

Die eindeutig schwächere Ebene des Bundesstaates

Tatsächlich braucht man nur zu verfolgen, was sich täglich vor der eigenen Haustür abspielt und in der örtlichen Presse niederschlägt. Unterrichtsstunden fallen aus, Schulgebäude sind in einem desolaten Zustand, Toiletten stinken im wahrsten Sinn „zum Himmel“. Vor allem aber fehlt es an Lehrern. Mittlerweile werden „alle“ eingestellt, die Qualifikation ist nachrangig,

Auf abstrakter Ebene zeigen die Ergebnisse internationaler Vergleiche wie die der OECD oder Pisa, dass das, was sich bei Bildung und Wissenschaft in den vergangenen zehn Jahren tatsächlich getan hat, nur ernüchternd genannt werden kann.

Zu fragen wäre, warum ein führendes Industrieland wie die Bundesrepublik Deutschland auf den Feldern Bildung und Wissenschaft nicht so abschneidet, wie man es sich wünschen sollte. Die Ursache ist darin zu finden, dass die spezifische Organisation des deutschen Bundesstaates nicht zu einem Wettbewerb unter den Ländern um das beste Bildungsangebot führt. Das Gegenteil ist der Fall. Für die Länder sind die Anreize größer, die finanzielle Ausstattung der Bildung eher kurz zu halten. Statt mit einem „race to the top“ haben wir es eher mit einem „race to the bottom“ zu tun. Deutlich wird dieses insbesondere im Bereich der Hochschulen.

Die Länder, die annähernd 90 Prozent der Ausgaben für Bildung und Wissenschaft tragen, sind die eindeutig schwächere Ebene des Bundesstaates. Der größte Teil der Gesetzgebung liegt beim Bund, insbesondere die Steuergesetzgebung. Die Länder sind nahezu vollständig von den Erträgen der bundesgesetzlich regulierten Steuern abhängig. Der bisher einzige Weg zu autonomen Einnahmen, nämlich die Aufnahme von Krediten, ist ihnen durch die Schuldenbremse versperrt worden. Aber nicht nur hinsichtlich der Einnahmen sind die Länder abhängig von der Bundesebene. Auch die Ausgaben werden in einem weiten Umfang durch Bundesgesetze bestimmt. Das Grundgesetz bestimmt in Artikel 83, dass die Länder Bundesgesetze als „eigene Angelegenheit“ ausführen. Das heißt auch, dass die Länder für die Ausführung der Bundesgesetze bezahlen.