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Probefahrt Mercedes Sprinter: Kisten, Kästen, Campingstühle

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Die dritte Sprinter-Generation von Mercedes-Benz

Der neue Sprinter von Mercedes schaltet sich präzise, wenn auch knochig. Besonders angenehm ist außer der komfortablen Federung die leichtgängige Lenkung.

Bis zu 17 Kubikmeter Ladevolumen und 5,5 Tonnen Gewicht, das sind die Eckdaten der dritten Sprinter-Generation von Mercedes-Benz, die im Juni zu Preisen von 23.788 Euro an (einschließlich Mehrwertsteuer) für die Basisversion mit Fahrerkabine bei den Händlern steht. Das neue Gesicht hat nichts von seiner Markenidentität verloren, die Materialqualität im Innenraum ist teilweise aufgewertet worden. Vor allem das Komfortangebot hat sich verbessert, so gibt es neben der Klimaanlage nun auch beheizbare und elektrisch verstellbare Sitze sowie eine Internetanbindung mit vielen Servicefunktionen für Gewerbetreibende und Freizeitfahrer.

Denn auch der neue Sprinter soll wieder als Basisfahrzeug unter den Reisemobilisten Freunde finden. Für sie steht der stärkste der drei Vierzylinder-Diesel mit einer Leistung von 177 PS statt 163 PS bereit. Außerdem eignet sich die zusätzlich zu den hinterrad- und allradgetriebenen Modellen neu angebotene Variante mit Frontantrieb für den Freizeiteinsatz. Sie hat eine um acht Zentimeter niedrigere Einstiegshöhe und 50 Kilogramm mehr Nutzlast. Weiter im Programm ist der Dreiliter-V6-Diesel mit 190 PS und 440 Newtonmeter Drehmoment.

Kombi-, Kasten- und Pritschenwagen stellen das Trio der Grundmodelle dar. Unter ihnen wird vor allem der Kastenwagen das Gros der Bestellungen ausmachen, das prosperierende Geschäft der Liefer- und Paketdienste ist der wesentliche Grund dafür. Sie können den Sprinter mit drei verschiedenen Radständen von 3,25 über 3,67 bis 4,33 Meter und in vier unterschiedlichen Längen von 5,32 bis 6,97 Meter bestellen. Zudem sind zwei Dachhöhen im Angebot. Insgesamt seien mit allen Konfigurationsoptionen rund 1700 verschiedene Varianten möglich, rechnet Mercedes-Benz vor.

Die Verarbeitungsqualität ist solide, nichts anderes erwartet man von Mercedes. Gebaut wird der Sprinter in den Daimler-Werken Düsseldorf und Lichterfelde, im Hochlohnland Deutschland also. VW etwa hat die Produktion des in der gleichen Klasse antretenden Crafter aus Kostengründen nach Polen verlegt. Dennoch ist selbst in den gut oder komplett ausgestatteten Versionen des neuen Mercedes-Nutzfahrzeugs nicht in jedem Winkel Premium-Anspruch erfüllt. Manch eine Verkleidung sieht aus wie billiges Hartplastik und fühlt sich auch so an. Im Gegenzug gibt es als Option ein griffiges Lederlenkrad mit Multifunktionstasten, wie sie in der E- und S-Klasse zu finden sind. Die Sitze bieten ebenfalls gute Qualität, ob eine elektrische Verstellmöglichkeit jedoch in einem Pritschenwagen erforderlich ist, sei dahingestellt.

Neuen Nutzen verspricht das Kommunikationssystem Mercedes Connect Pro, das per Internetanbindung Paketboten die Arbeit erleichtern soll. Zwei Ausführungen sind zu haben, eine mit 7 und eine mit 10,3 Zoll großem Monitor. Per SMS erhält der Fahrer die Adressen der Abholstation und der Anlieferungsstelle, die Navigation startet automatisch. Hierzu nutzt Mercedes die Dienste des Start-up-Unternehmens What-Three-Words, das die komplette Erdoberfläche in drei mal drei Meter große Parzellen aufgeteilt und jede einzelne mit einer Kombination aus drei Worten gekennzeichnet hat. Der Fahrer holt das Paket so bei „Polizist.Tafel.Kaufen“ ab und fährt es zu „Garten.Ziehen.Sand“. Dies sei einfacher beherrschbar als bisherige GPS-Angaben über die geographischen Daten mit Längen- und Breitengraden, heißt es. Und wesentlich genauer als mit einer Klaradresse, die an einer Großbaustelle nicht immer zielführend ist.

Die Motoren sind gute Bekannte aus der Vorgängergeneration. Sie leisten 114, 143 und 163 PS bei 2,1 Liter Hubraum und stellen Drehmomentspitzen von 300 bis 360 Nm zwischen 1200 und 2400 Umdrehungen in der Minute bereit. Hinreichend laufruhig, leise und sparsam kommen sie mit 7,8 bis 8,2 Liter Diesel 100 Kilometer weit. Alle Motoren arbeiten mit Harnstoff-Einspritzung und einem SCR-Katalysator gegen hohe Stickoxid-Emissionen. Neu ist das Automatikgetriebe mit neun Stufen, das dem weiterhin angebotenen Automaten mit sieben Übersetzungen in nichts nachsteht. Das manuelle Sechsganggetriebe schaltet sich präzise, wenn auch knochig. Besonders angenehm ist neben der komfortablen Federung die leichtgängige Lenkung, die jetzt elektrisch unterstützt wird und das Rangieren einfacher macht, außerdem das Handling bei eiligen Expressfahrten verbessert. Hilfreich unter den zahlreichen Sicherheitsassistenten ist die Einparkhilfe mit 360-Grad-Kamera, die sich wohltuend auf die Schadenquote auswirken dürfte.

Das Preisgefüge kennzeichnet eine breite Spreizung. Die Kaufsumme für einen frontgetriebenen Sechs-Meter-Kastenwagen mit Basismotor macht im Vergleich zum Grundmodell einen gewaltigen Sprung und klettert auf 34 880 Euro, das hinterradgetriebene V6-Spitzenmodell 519 CDI kommt auf stolze 65 155 Euro. Ohne die vielfältigen Extras, versteht sich.