Finanzen

Unterbewertete Häuser in Immobilienfonds

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Blick auf den 553 Meter hohen CN Tower, aufgenommen in der kanadischen Stadt Toronto

Eigentlich boomen die Immobilienmärkte. Trotzdem sind die Renditen offener Fonds in den vergangenen Jahren kaum gestiegen. Für Anleger könnte das bald Chancen bieten.

Die Rendite offener Immobilienfonds in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren nur wenig bewegt – obwohl die Immobilienmärkte in der Niedrigzinsphase einen regelrechten Boom erlebt haben. Die Fonds-Ratingagentur Scope ist in einer Analyse jetzt der Frage nachgegangen, warum das so ist, und ist auf interessante Faktoren gestoßen. Betrachtet wurden zehn offene Immobilienfonds für Privatanleger in Deutschland, darunter bekannte Fonds der großen hiesigen Anlagegesellschaften von Deka-Immobilien Europa über Grundbesitz Europa der Deutschen Bank und Hausinvest der Commerzbank bis hin zu Uni-Immo Deutschland von Union Investment. Die durchschnittliche Rendite der Fonds schwankt seit 2013 lediglich in einem engen Band zwischen 2 und 2,5 Prozent im Jahr – der jüngste Wert fürs erste Halbjahr 2017 liegt laut Scope bei 2,48 Prozent.

Woran liegt das? Fondsanalystin Sonja Knorr betrachtet drei Größen genauer, die zur jährlichen Wertsteigerung der Fonds beitragen: Die Netto-Mietrendite, dahinter stecken die Mieteinnahmen minus Bewirtschaftungsaufwand im Verhältnis zum Immobilienvermögen- die Wertveränderung der Immobilien- und die Verzinsung der vom Fonds gehaltenen Liquidität, also der jeweils gerade nicht in Häuser investierten Barmittel.

Vor allem die flüssigen Mittel machen den Immobilienfonds offenbar zu schaffen. Seit Häuser so teuer geworden sind, ist es für die Fondsmanager nicht mehr so einfach, weitere Immobilien zu kaufen, die ihren Preis wert sind. Zugleich strömen so viele Gelder in die Fonds, dass manche zwischenzeitlich schon einen Zufluss-Stopp verhängten. Auf jeden Fall halten die Fonds relativ viel Liquidität. Manche parken das Geld bei Banken, andere kaufen dafür Geldmarktpapiere. In jedem Fall wird dieser Teil des Fondsvermögens auf nicht besonders rentierliche Weise angelegt und verwässert die Rendite. Je weiter die Zinsen gesunken sind, desto begehrter und damit teurer wurden zwar Immobilien – desto geringer aber wurde auf der anderen Seite die Verzinsung der Liquidität der Immobilienfonds: „Die Performance der Liquidität tendiert derzeit gegen null oder ist sogar negativ“, schreibt Fondsanalystin Knorr.

Bewertung der Immobilien als Hauptgrund

Die durchschnittliche Netto-Mietrendite, also der Ertrag aus Mieteinnahmen minus Kosten im Verhältnis zum Immobilienvermögen, liegt deutlich höher. Sie schmilzt aber seit 2013 kontinuierlich ab, von 4,9 auf 4,4 Prozent. Hauptgrund sind zusätzliche teurere Immobilien: „Steigt der Preis für den Erwerb neuer Objekte bei konstantem Mietpreisniveau, sinkt die Mietrendite.“ Das Spektrum der Netto-Mietrenditen der zehn Fonds lag 2016 zwischen 3,8 Prozent (Westinvest Interselect) und 5,2 Prozent (Uni-Immo Global).

Der wichtigste Grund, warum sich die Renditen der Immobilienfonds trotz boomender Immobilienmärkte kaum bewegten, ist aber Scope zufolge die Bewertung der Immobilien. Hier könnten noch Chancen liegen. Die Bewertung erfolgt in Deutschland nämlich nach einem vorgeschriebenen System mit Gutachtern, die zwar von den Anlagegesellschaften beauftragt, aber von der Finanzaufsicht Bafin zu bestätigt werden und in ihrem Urteil unabhängig sind. Das Verfahren führt offenbar eher zu einer konservativen Bewertung. „Die globale Verteuerung der Immobilien an zahlreichen Standorten findet derzeit nur bedingt Niederschlag in den Wertveränderungen der Portfolios“, schreibt Scope. Dies sei vor allem auf die konservative Bewertungspraxis der deutschen Gutachter zurückzuführen, die Marktausschläge abfedern solle.

„Diese Praxis führt dazu, dass viele Objekte der offenen Immobilienfonds derzeit im Vergleich zu erzielbaren Marktpreisen unterbewertet sind“, meint die Ratingagentur. In Phasen sinkender Marktpreise könnte sich das noch als Segen erweisen, glaubt Scope – rechnet aber offenbar auch jetzt schon mit einer gewissen Neubewertung: 2017 würden die Wertänderungsrenditen „in der Tendenz“ über den Werten des vergangenen Jahres liegen.