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Bayern will Schleierfahndung für alle

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An der Grenze zu Österreich hat die bayerische Polizei 2015 eine mobile Kontrollstelle im Rahmen der Schleierfahndung eingerichtet.

Drei Bundesländer erlauben keine „verdachtsunabhängigen Personenkontrollen“. Bayern will das ändern. Auch über andere verschärfte Maßnahmen reden die Innenminister der Länder.

Vor der Innenministerkonferenz in Dresden dringt das Land Bayern auf die Einführung der Schleierfahndung in ganz Deutschland. Dass immer noch drei Länder keine verdachtsunabhängigen Kontrollen zuließen, sei eine „eklatante Sicherheitslücke, die unbedingt geschlossen werden muss“, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) der Zeitung „Rheinische Post“. Er rief dazu auf, die Schleierfahndung in den Grenzregionen weiter auszubauen. Verstärkt genutzt werden müsse sie auch auf Verkehrswegen von internationaler Bedeutung und im Umfeld von Flughäfen, Bahnhöfen und Rastanlagen.

Die Innenminister von Bund und Ländern treffen sich von diesem Montag an in Dresden. Im Mittelpunkt ihrer Konferenz werden Maßnahmen zur Terrorbekämpfung stehen. Dabei wird es auch um die Schleierfahndung gehen, bei der die Polizei Menschen ohne konkreten Verdacht kontrollieren kann. Der Freistaat hatte die Schleierfahndung 1995 als erstes Bundesland eingeführt, derzeit ist sie in 13 Bundesländern erlaubt. Ausnahmen sind Bremen, Nordrhein-Westfalen und Berlin.

Mehrfachidentitäten bei Flüchtlingen

Bei der Konferenz werden nach Angaben des Vorsitzenden der Innenministerkonferenz (IMK), Sachsens Ressortchef Markus Ulbig (CDU), auch Maßnahmen beraten, mit denen Mehrfachidentitäten bei Flüchtlingen aufgedeckt werden können. „Die bisherigen Möglichkeiten zur Abgleichung sollen ausgeweitet werden, um zu verhindern, dass ein und dieselbe Person sich an mehreren Orten meldet oder dort registriert wird.“ Beispielsweise würden bisher nur Fingerabdrücke von über 14-Jährigen erfasst, um die Identität zu klären. „Geplant ist, diese Maßnahme auf die Personengruppe der 6- bis 14-Jährigen auszuweiten.“

Bayern will zudem darauf dringen, den geltenden Abschiebestopp für Iraker zumindest bei Straftätern und Gefährdern aufzuheben. Seit der letzten Bestätigung des Abschiebestopps 2007 habe sich die Situation dort „deutlich verändert“, hatte Herrmann am Freitag mitgeteilt.

Kinder im Visier des Verfassungsschutzes?

Die IMK wird nach Angaben Ulbigs auch den bayerischen Vorschlag beraten, Kinder im islamistischen Umfeld vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Herrmann hatte zur Begründung seiner Forderung gesagt: „Minderjährige haben schon schwere Gewalttaten begangen. Da muss der Staat konsequent handeln.“

Der Vorstoß stieß beim Koalitionspartner SPD sowie bei Grünen, Linken und FDP umgehend auf Kritik. Bundesfamilienministerin Katarina Barley (SPD) legte in der „Bild am Sonntag“ nach: „Bei Kindern geht es doch nicht darum, sie zu überwachen wie Kriminelle, sondern sie aus einer Gefährdungslage herauszuholen“, sagte sie. Dafür brauche es die Jugendämter und nicht den Verfassungsschutz. Sie nannte Herrmanns Vorstoß einen „populistischen Vorstoß kurz vor den Wahlen“.