Finanzen

Die Welt im Lithium-Rausch

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Das meiste Lithium wird in großen Salzseen wie dem Salar de Uyuni in Bolivien abgebaut.

Das Leichtmetall Lithium steckt in Medikamenten, Smartphones und Elektroautos. Die Preise haben sich in kurzer Zeit mehr als verdoppelt. Anleger können an dem Boom verdienen.

Wie die Zukunft aussehen könnte, das verrät ein Blick in die Wüste von Nevada. Dort, in der Gemeinde Sparks unweit der Stadt Reno, entsteht gerade die größte Fabrik, die die Welt je gesehen hat. Sie trägt den protzigen, aber passenden Namen „Gigafactory“. Wenn das Gebäude im nächsten Jahr fertiggestellt ist, wird dort auf einer Produktionsfläche von sage und schreibe 530.000 Quadratmetern nicht viel mehr hergestellt als Lithium-Ionen-Batterien für Elektroautos. Fünf Milliarden Dollar lassen sich der Automobilhersteller Tesla und sein japanischer Partner Panasonic die gigantische Fabrik kosten, weil sie voll und ganz darauf setzen, dass E-Autos in den kommenden Jahren die Welt erobern und deshalb Unmengen von Batterien benötigt werden. Dafür muss erst mal viel Lithium her – viel mehr, als bisher gefördert wird.

Das silbrig-weiße Leichtmetall, das eine hohe Wärmekapazität und eine geringe Dichte hat und sich deshalb für kompakte und langlebige Batterien bestens eignet, ist mittlerweile der begehrteste Rohstoff auf dem Weltmarkt. Von den einen wird Lithium, das in Minen abgebaut oder aus Salzlaugen gewonnen wird, als das „neue Öl“ bezeichnet, andere nennen es das „neue Gold“. Fest steht, dass sich die gesamte Branche ebenso wie viele Anleger in einer wahren Goldgräberstimmung befinden.

Zwar wird Lithium nicht an den Börsen gehandelt, sondern der Preis je Tonne wird zwischen den Fördergesellschaften und der weiterverarbeitenden Industrie festgelegt. Doch wird aus dem Preisindex des Londoner Analysehauses Benchmark Mineral Intelligence ersichtlich, dass der durchschnittliche Preis für Lithium allein im vergangenen Jahr um 60 Prozent gestiegen ist und sich seit 2014 mehr als verdoppelt hat.

Infografik / Der Preis für Lithium schießt in die Höhe

Noch bis zur Jahrtausendwende brauchte die Welt nicht allzu viel Lithium. Rund 70.000 Tonnen im Jahr genügten, um die Nachfrage von Batteriefabriken, der Glas- und Keramikindustrie und einer Reihe anderer Branchen zu decken. In der Medizin werden Lithiumsalze bei bipolaren Störungen oder schweren Kopfschmerzen verwendet. Seit die Nachfrage nach sogenannten wiederaufladbaren Batterien anzog, wird immer mehr Lithiumcarbonat benötigt: für die Akkus von Smartphones und Laptops, für stationäre Energiespeicher und zunehmend für Elektrofahrzeuge.

Letztere fallen schwer ins Gewicht. Während für eine Handy-Batterie nur knapp drei Gramm Lithium vonnöten sind und für einen Laptop rund dreißig Gramm, enthält der Auto-Akku eines Tesla bis zu 40 Kilogramm. In China werden zunehmend elektrisch angetriebene Busse und Lastwagen produziert, deren Batterien sogar vier- bis fünfmal so viel des Leichtmetalls benötigen wie ein Pkw. „Lithium ist das einzige Metall, auf das sich die Elektromobilität stark auswirken wird“, sagt Eugen Weinberg, Rohstoffanalyst der Commerzbank.

Überall entstehen neue Batteriefabriken

Weil die gesamte Fahrzeugbranche auf die Elektromobilität setzt, werden überall neue Batteriefabriken gebaut oder geplant, unter anderem von Daimler. Tesla will in der Wüste von Nevada vor allem Batterien für sein Modell 3 produzieren, das bei einem Preis von 35.000 Dollar zum Massenauto werden und damit der Elektromobilität global zum Durchbruch verhelfen soll.

Allein in der Tesla-Fabrik sollen bei voller Auslastung jährlich 500.000 Lithium-Ionen-Batterien entstehen. Alle Batterien einer Jahresproduktion sollen mit einer Kapazität von 35 Millionen Kilowattstunden jährlich entstehen. Dies entspricht der Batterieproduktion im Jahr 2013 auf der ganzen Welt.

Noch hält sich die Nachfrage nach Elektroautos zwar in Grenzen. Die Wachstumsraten sind enorm, aber auf niedrigem Niveau. Der Marktanteil in Autonationen wie Deutschland und Amerika liegt unter einem Prozent, in China sind es 1,7 Prozent. Sollten sich die optimistischen Prognosen aber bewahrheiten und bis zum Jahr 2040 jeder dritte Neuwagen ein E-Auto sein, wird es bald akut an Lithium mangeln.