Politik

Untersuchungsausschuss: Rechtsprofessoren verurteilen Verhalten der NSA

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Der NSA-Untersuchungsausschuss hat mit der Sacharbeit begonnen und kritisch auf Amerikas Geheimdienst geblickt. Aber ebenso auf den BND.

Christian Flisek mochte seine Begeisterung nicht länger verbergen. Nein, von Langeweile könne gar keine Rede sein, versicherte der SPD-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss am Donnerstagmittag, als die Diskussion mit drei Rechtsprofessoren über die Aktivitäten des amerikanischen Geheimdienstes in Deutschland eben zwei Stunden alt war: „Das Thema mit Ihnen erörtern zu dürfen gehört zu den Sternstunden meiner bisherigen parlamentarischen Tätigkeit.“ Allerdings fügte er gleich hinzu, dass es sich um seine erste Legislaturperiode handelt. Flisek ist seit einem halben Jahr Abgeordneter.

Vielleicht war sein Satz aber einfach Ausdruck der Erleichterung, dass der Ausschuss endlich von der parteipolitischen Schlacht zur Sacharbeit übergegangen war. Hatte man sich bisher unter dem öffentlich aufgebauten Druck des Grünen-Politikers Hans-Christian Ströbele überwiegend darüber gestritten, ob, wie und wo der ehemalige NSA-Mitarbeiter und Auslöser der Geheimdienstaffäre Edward Snowden angehört werden solle, so ging es am Donnerstag zu wie auf einem Juristenkongress. Eingeladen hatten die Ausschussmitglieder, von denen viele die Rechte studiert haben, den ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier, den Rechtsprofessor Wolfgang Hoffmann-Riem, der ebenfalls Richter in Karlsruhe war, sowie Matthias Bäcker, der eine Juniorprofessur für Öffentliches Recht in Mannheim hat. Die Parlamentarier wollten erfahren, wie die Spähaktivitäten des amerikanischen Geheimdienstes in Deutschland rechtlich zu bewerten seien.

„Kein besonders erfreulicher Zustand“

Papier, der den Anfang machte, wurde gleich sehr deutlich. Die Spähprogramme, die die Amerikaner benutzten, ähnelten der flächendeckenden, anlasslosen Speicherung von Verbindungsdaten, über die in Deutschland und Europa diskutiert werde. Da diese unter dem Stichwort Vorratsdatenspeicherung sowohl vom Bundesverfassungsgericht als auch kürzlich vom Europäischen Gerichtshof sehr kritisch bewertet wurden, war schnell klar, dass Papier das Vorgehen der Amerikaner in Deutschland rechtlich für nicht gedeckt hält. Die beiden anderen stimmten ihm zu. Hoffmann-Riem wies allerdings darauf hin, dass die NSA „nicht unmittelbar“ an die deutschen Grundrechte gebunden sei. Wenn allerdings ausländische Staaten die Gesetze in Deutschland verletzten, so seien die deutschen Behörden verpflichtet, das zu unterbinden.

Die Professoren wiesen auf Artikel 10 des Grundgesetzes hin, der die Unverletzlichkeit des Fernmeldegeheimnisses regelt. Hoffmann-Riem sagte, deutsche Behörden seien auch beim Handeln im Ausland an Artikel 10 gebunden. Das zielte leicht erkennbar auf den deutschen Auslandsgeheimdienst, den Bundesnachrichtendienst. Bäcker wies darauf hin, dass für die Arbeit des BND zum Teil eine ausreichende gesetzliche Grundlage fehle. So sei es die Rechtsauffassung der Bundesregierung, dass ein Afghane, der in Afghanistan mit einem Landsmann über ein afghanisches Netz telefoniere, nicht durch deutsches Recht vor dem Abhören gesichert sei. Wenn der BND aber alles dürfe, was ausländischen Nachrichtendiensten vorgeworfen werde, sei das „in einem Rechtsstaat kein besonders erfreulicher Zustand“.

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Als technischen Schutz vor dem Ausspähen regte Hoffmann-Riem eine „Europa-Cloud“ für Daten an. Ziel einer solchen Lösung wäre es, große Datenmengen dort zu speichern, wo sie unter dem Schutz des deutschen Rechts stünden.

Wie sehr die Debatte mitten in der schönen neuen Kommunikationswirklichkeit stattfand, zeigte sich um 12.50 Uhr. Da sagte der Ausschussvorsitzende Patrick Sensburg von der CDU, dass Bilder aus dem Ausschuss nach draußen getwittert würden. Dabei sind Bild- oder Tonmitschnitte verboten. Sensburg bat, das zu unterlassen. Es sei schließlich relativ leicht feststellbar, wer das mache.