Gesellschaft

Nadine Heredia inszeniert sich als Präsidentin Perus

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Nadine Heredia, die selbstbewusste Primera Dama Perus, inszeniert sich als Menschenfreundin und Allround-Organisatorin der Regierung. Damit provoziert sie schon mal eine Regierungskrise.

Zielstrebig geht sie an der Seite ihres Mannes auf den roten Teppich zu. Sicherheitsleute versuchen sie abzudrängen. Es gibt ein kurzes Gezerre, dann läuft sie doch mit ihrem Mann das Ehrenspalier ab. Als der peruanische Staatschef Ollanta Humala kürzlich zur Amtseinführung der chilenischen Präsidentin Michelle Bachelet in Santiago eintraf, ertrotzte sich seine Frau Nadine Heredia den roten Ehrenteppich, der Staatsoberhäuptern vorbehalten ist.

Mit solchen Auftritten in Peru und im Ausland hält die 37 Jahre alte attraktive peruanische Präsidentenfrau, die kein offizielles Regierungsamt innehat, sondern nur die Rolle der Primera Dama ausübt, ihre Landsleute in Atem. Humala musste jetzt ausdrücklich versichern, dass sie sich nicht in die Staatsführung einmischt. Sie sei nur, so beteuerte er mehrdeutig, eine „Aktivistin“ seiner Regierungspolitik.

Aber ausgerechnet Nadine Heredia war Anlass der jüngsten Regierungskrise, als die Mehrheit des Kongresses dem neuen Kabinett, dem inzwischen fünften unter Humala, zunächst das Vertrauen verweigerte. Die Medien verliehen ihm den Spitznamen „Kabinett Nadine“. Ähnliche Beinamen hatten schon die vier vorherigen erhalten. Das Schicksal der Premierminister hing jeweils von deren Nähe zur Präsidentenfrau ab. Ende Februar gab César Villanueva sein Amt ausdrücklich „wegen Einmischung von Nadine Heredia“ ab. Die Kabinettsumbildung kam nach drei mühevollen Abstimmungen zustande – erst als Villanuevas Nachfolger René Cornejo, für viele eine Marionette Heredias, versprochen hatte, „keine Einmischung“ zu dulden.

Die Allround-Organisatorin der Regierung

Seit dem Amtsantritt Humalas im Juli 2011 beklagen sich peruanische Politiker immer wieder über die „übermäßige Einmischung“ der Ersten Dame. Schließlich war es die Bürgermeisterin von Lima, Susana Villarán, die in einer Freudschen Fehlleistung dem Unbewussten des Landes Ausdruck verlieh, als sie vom „Herrn Präsidentin“, („Señor Presidenta“) sprach.

Nadine Heredia hatte schon im Wahlkampf ihres Mannes eine entscheidende Rolle gespielt. Danach gebärdete sie sich als eine „Allround-Organisatorin“ der Regierung. Sie bestimmt die Minister, die Tagesordnung, empfängt Unternehmer und erteilt Anweisungen.

Nadine Heredia wurde am 25. Mai 1976 in Lima geboren, ist also 14 Jahre jünger als ihr Mann. Sie hat an der Universität der Hauptstadt Kommunikationswissenschaften studiert und wurde an der Universität von Paris in Politikwissenschaften promoviert. Ihr wird eine radikalere linke Gesinnung nachgesagt als ihrem Mann. Humala, der früher gern sozialistische Parolen im Munde führte, betreibt eine pragmatische Politik, die der Wirtschaft Spielraum zugesteht und zugleich sozialen Bedürfnissen der Bevölkerung entgegenkommt. Zu Kuba und Venezuela ist er auf Distanz gegangen. Seiner Frau wird nachgesagt, sie habe für eine chavistische Gesellschaft in Venezuela eine Beratertätigkeit ausgeübt und dafür Geld erhalten.

„Ich bin eine Person des Vertrauens“

Heredia wuchs in einer gutbetuchten Familie auf. Schon im Kindesalter wurde ihr Verehrung für die Inka-Kultur beigebracht. Sie ist entfernt mit Humala verwandt. In den von „Wikileaks“ veröffentlichten Berichten des amerikanischen Außenministeriums behauptete der ehemalige Botschafter Washingtons in Peru, Peter Michael McKinley, sie sei „das radikale politische Gehirn hinter Humala“. Die Opposition bezeichnet die Regierung daher als „janusköpfig“. Humala, der sich manche Spitznamen wegen seiner angeblichen Unterordnung unter seine Frau gefallen lassen muss, leugnet, dass sie Regierungsentscheidungen treffe, bestreitet aber nicht, dass sie nahe am Regierungsgeschehen ist und stets ihre Meinung kundtut.

„Man betrachtet mich als die Beraterin, als die Generalin. Aber ich bin eine Person des Vertrauens, klar, ich bin seine Frau“, sagt Heredia über sich selbst. Privat gibt sie sich als die besorgte Mutter der drei Kinder Illyariy, Naira und Samín. Bei Humalas Amtsantritt waren noch viele der Meinung, die Präsidentengattin könnte der Regierung von Nutzen sein, dank ihres Charismas, ihrer Intelligenz und ihrer Nähe zur Unterschicht. Sie ist Mitbegründerin der regierenden Nationalistischen Partei Perus, heute „Gana Perú“ („Peru gewinnt“), und bekannt für spitze Äußerungen in Interviews, bei Konferenzen, Begegnungen und in sozialen Netzwerken.

Viele Peruaner wollen, dass der Präsident alleine regiert

In Umfragen schadete ihr die Einmischung zunächst nicht, in der Beliebtheit rangierte sie sogar vor ihrem Mann – jüngste Umfragen ergeben eine Zustimmung für Humala von lediglich 20 Prozent. Daraufhin intensivierte sie ihre Aktivitäten, bis eine Umfrage jetzt zeigte, dass ihr Beliebtheitsgrad von 40 Punkten im Februar auf 27 im März gesunken ist. 69 Prozent der Peruaner sähen es inzwischen lieber, wenn ihr Präsident allein regieren würde. Ihre übermäßige Präsenz schadet allmählich dem Ansehen ihres Gatten.

„Sie ließ sich von ihrem Geltungsbedürfnis verführen“, meint Luis Benavente von der Universität von Lima. Nobelpreisträger Mario Vargas Llosa dagegen beschuldigt den früheren Präsidenten Alan García, eine „Vernichtungskampagne“ gegen das Ehepaar Humala zu betreiben, weil er zum dritten Mal Präsident werden möchte. Dabei störe ihn die Popularität von Nadine Heredia. Die Präsidentengattin bestreitet, 2016 selbst kandidieren zu wollen (wozu eine Änderung des Wahlgesetzes oder gar der Verfassung nötig wäre). Aber die wenigsten glauben ihr – denn nur sie habe in der Partei Humalas politisches Gewicht. Ein Meinungsforscher meint: „Wenn sie sich ein bisschen zurückhielte, würde ihre Popularität steigen.“