Gesellschaft

Jede Stunde sterben 14 Kinder

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Die Zahl der Menschen, die an Masern gestorben sind, ist 2012 auf einen historischen Tiefstwert gesunken. Trotzdem zeigt sich die Weltgesundheitsorganisation besorgt – und bezeichnet die Krankheit weiterhin als „globale Bedrohung“.

Im Jahr 2012 ist die Zahl der Menschen, die an Masern gestorben sind, auf einen historischen Tiefstwert gesunken. Kamen zur Jahrtausendwende noch 562.000 Menschen durch die hochansteckende Infektionskrankheit zu Tode, so waren es 2012 geschätzt 122.000, wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mitteilt. Das sei zwar ein Rückgang um 78 Prozent. Und in den zwölf Jahren habe man auch 13,8 Millionen Maserntode durch weitreichende Impfkampagnen vermeiden können.

Trotzdem stürben noch immer etwa 330 Menschen jeden Tag an der vermeintlich harmlosen Kinderkrankheit. Das sind 14 Masernopfer jede Stunde. Die Krankheit, die durch ein Virus ausgelöst wird, bleibt damit nach WHO-Angaben eine der häufigsten Todesursachen von Kindern, obwohl es bereits seit Jahrzehnten eine „sichere und kostengünstige Impfung“ gebe. Allein 2012 konnten 145 Millionen Kinder gegen Masern geimpft werden, seit 2000 mehr als eine Milliarde auf der ganzen Welt.

„Globale Bedrohung“

Trotz vieler Erfolge im Kampf gegen die Masern nennt die WHO die Krankheit weiterhin eine „globale Bedrohung“. In fünf der sechs WHO-Regionen komme es zu massiven Infektionsgeschehen mit insgesamt 20 Millionen Fällen jedes Jahr, so Schätzungen der WHO. So habe auch die einzige Region (Süd- und Nordamerika), die als masernfrei angesehen wird, mit eingeschleppten Fällen zu kämpfen.

Die Regionen Afrika, Europa (mit Grönland und ganz Russland) sowie Östliches Mittelmeer (dazu gehören auch Marokko und – außer Algerien – die Länder im Norden und viele im Osten Afrikas, etwa Sudan und Somalia sowie der ganze Nahe und Mittlere Osten einschließlich Afghanistan und Pakistan) würden das Ziel, bis 2015 die Masern auszurotten, nicht erreichen. Nur die Region Westlicher Pazifik (von China über die Philippinen bis nach Australien) habe noch Chancen, wie die Region Amerika die Krankheit zu eliminieren.

Sorge bereiten der WHO die großen Masernausbrüche in fünf ihrer Regionen: So erkrankten 2012 nach offiziellen Angaben im Kongo mehr als 72.000 Menschen an Masern, in Indien waren es etwa 18700, in der Ukraine wurden 12.746 Fälle gezählt, in Somalia 9983 und in China 6183. Neben den osteuropäischen Ländern Rumänien (7450 Masernfälle) und Russland (2123) gab es in der WHO-Region Europa auch in Großbritannien (2092) und Spanien (1204) größere Infektionsgeschehen.

In Deutschland steckten sich zwar 2012 nur 165 Personen mit Masern an, im vergangenen Jahr aber verzehnfachte sich die Zahl wieder und erreichte mit 1721 Fällen einen Höchststand wie seit 2006 (2308) nicht mehr. Besonders betroffen waren Bayern (787 Fälle) und Berlin (488). Erkrankungen traten 2013 aber erstmals wieder in 15 Bundesländern auf. Nur das Saarland zählte keinen Fall. Ein hoher Anteil der Fälle in Deutschland tritt bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf, knapp 40 Prozent waren 2013 älter als 20 Jahre.

Masern werden häufig unterschätzt. Selbst in westlichen Industrienationen kommt es aber immer wieder zu Todesfällen, die meist auf Komplikationen infolge der Infektion zurückgehen. Dazu zählen vor allem Masernpneumonie (Lungenentzündung) und -enzephalitis (Hirnentzündung). Auch Spätkomplikationen, die oft erst nach vielen Jahren auftreten, kommen vor, wie die Subakute sklerosierende Panenzephalitis, die bei einem von 3300 Kindern im Alter unter fünf Jahren nach der Maserninfektion auftritt und unweigerlich zu einem qualvollen Tod führt.

Das größte Risiko, sich zu infizieren, haben Kleinkinder, die noch nicht geimpft sind. Vor allem in Ländern Afrikas und Asiens, wo es keine umfassende Gesundheitsvorsorge und zudem eine mangelhafte Ernährung gibt, stirbt nach WHO-Angaben jedes zehnte Kind, das sich mit Masern angesteckt hat. Ein weiteres großes Problem gerade in der Region Östliches Mittelmeer: Aufgrund der prekären Sicherheitslage in Ländern wie zum Beispiel Afghanistan oder Syrien können Kinder nicht rechtzeitig geimpft werden.