Eurokrise

EZB-Präsident ärgert sich über Kritik aus Deutschland

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Für viele ist EZB-Präsident Mario Draghi der eigentliche Held der Eurokrise. Die Kritik aus Deutschland lässt ihn dabei nicht kalt, zeigt nun ein Interview. Und mit Bundesbank-Präsident Weidmann versteht er sich besser.

Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hat sich in ungewohnt scharfer Form über Kritik aus Deutschland am Kurs der Notenbank in der Eurokrise beklagt. „Jedes Mal hieß es, ‚Um Gottes willen, dieser Italiener zerstört Deutschland’“, sagte Draghi dem „Spiegel“. Und weiter: „Es gab diese perverse Angst, dass sich die Dinge zum Schlechten entwickeln, aber das Gegenteil ist passiert.“ Tatsächlich habe sich die Lage entspannt, die Inflation sei niedrig, und die Unsicherheit habe sich verringert. „Die Krise ist nicht überwunden, aber es gibt viele ermutigende Zeichen“, betonte der 66 Jahre alte Zentralbanker.

Draghi hatte im Sommer des vergangenen Jahres beinahe schlagartig die Panik an den Finanzmärkten über die Zukunft der Währungsunion beendet. „Die EZB wird alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten. Und glauben Sie mir – es wird ausreichen“, sagte er. Wenig später kündigte die Zentralbank dann an, unter bestimmten Bedingungen Staatsanleihen von Länder mit großen Finanzschwierigkeiten zu kaufen (OMT-Programm). Aktivieren musste sie das unter deutschen Wirtschaftsprofessoren umstrittene Programm bisher nicht.

Sie kritisieren die Euro-Notenbank für ihre aktive Rolle in der Krisenbekämpfung weiterhin. Zu den Kritikern wird auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann gezählt. Draghi sagte nun zum Verhältnis der beiden Währungshüter: „Unsere Positionen haben sich einander angenähert, und die Zusammenarbeit hat sich verbessert.“ Im kommenden Jahr urteilt das Bundesverfassungsgericht über das OMT-Programm. Draghi betonte, die Notenbank warte dies ab. „Wir haben keinen Plan B“.

Weidmann appelliert an Griechenland

Weidmann warnte unterdessen in der „Bild“-Zeitung davor, dass die Finanzkrise wieder aufflammen könnte, wenn die Euroländer den Reformkurs verließen. Der Euro sei in der „Reha“, dort brauche es Ausdauer und einen starken Willen, andernfalls bestehe Rückfallgefahr. „Momentan haben sich die Finanzmärkte zwar beruhigt. Aber das kann eine trügerische Sicherheit sein.“

Abermals appellierte Deutschlands oberster Notenbanker dabei an das hochverschuldete Griechenland, den drastischen Sparkurs fortzusetzen: „Hilfe von außen kann nur Zeit kaufen, aber die unerlässlichen Reformen im Land selbst nicht ersetzen.“ Dazu sagte Draghi dem „Spiegel“: „In Griechenland hat sich manches zum Besseren entwickelt, aber das Land muss mehr tun, daran gibt es keinen Zweifel.“ Es sei aber keine Überraschung, dass die europäischen Partnerländer mit Athen besonders viel Geduld haben müssten.

Draghi wies außerdem eine Verantwortung der EZB an dem Umstand zurück, dass die Sparzinsen der deutschen Banken seit längerem unter der Inflationsrate liegen. Die Zentralbank beeinflusse über den – historisch niedrigen – Leitzins nur die kurzfristigen Zinsen. Draghi räumte aber ein, dass diese Entwicklung zulasten der Sparer ungewöhnlich sei: „Normal und gesund ist das nicht.“ Unmittelbaren Handlungsbedarf seiner Institution sehe er jedoch derzeit nicht.

Mit Blick auf die Rolle Deutschlands und die neue Bundesregierung betonte der Notenbanker: „Deutschland hilft dem Euro am besten, wenn es seine Wettbewerbsfähigkeit weiter stärkt und das Wachstum fördert. Was immer dabei hilft, ist richtig, alles andere ist falsch.“