Inland

„Ostdeutschland auf dem richtigen Weg“

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Der Bericht zum Stand der Deutschen Einheit wird von ostdeutschen Politikern unterschiedlich bewertet. Die Union sieht die neuen Länder auf dem richtigen Weg, SPD-Politiker bewerten den Bericht als „Lyrik“ jenseits der harten Fakten.

Die Lage der neuen Bundesländer beschäftigt zur Stunde das Bundeskabinett. Das Bundesinnenministerium legt den jährlichen Bericht zum Stand der Deutschen Einheit vor. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung schon vorab berichtete, ist die Abwanderung aus Ostdeutschland demnach weitgehend gestoppt. Erstmals seit der Wiedervereinigung zogen im Jahr 2012 ungefähr so viele Menschen von Ost- nach Westdeutschland wie umgekehrt, heißt es in dem Bericht. Dazu hätten die deutlich verbesserte Lage auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt und die insgesamt gute wirtschaftliche Situation beigetragen. Allerdings liegt die Arbeitslosenquote in den ostdeutschen Ländern weiter deutlich über dem westdeutschen Durchschnitt. Auch bei Löhnen und Gehältern gibt es nach wie vor klare Unterschiede.

Der Jahresbericht wurde von ostdeutschen Politikern unterschiedlich bewertet. Während der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Arnold Vaatz (CDU) die neuen Länder auf dem richtigen Weg sieht, äußerte der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Wolfgang Tiefensee, Kritik. Vaatz sagte der in Halle erscheinenden „Mitteldeutschen Zeitung“ vom Mittwoch, die Ergebnisse zeigten „im Großen und Ganzen“, dass man in den vergangenen Jahren auf dem richtigen Weg gewesen sei. Positiv bewerte er vor allem, dass der Wegzug aus Ostdeutschland weitgehend gestoppt ist. „Es gibt für die bisherige Politik keinen großen Änderungsbedarf“, urteilte Vaatz.

Tiefensee: Lyrik statt harter Fakten

Der frühere Leipziger Oberbürgermeister und jetzige SPD-Bundestagsabgeordnete Tiefensee äußerte sich indes in der „Berliner Zeitung“ kritisch: „Die Lyrik des Berichts entspricht nicht immer den harten Fakten.“ Schönfärberei helfe aber niemandem weiter, fügte Tiefensee hinzu. Würde etwa die Angleichung der Wirtschaftskraft im bisherigen Tempo weitergehen, wäre erst im Jahr 2100 eine annähernde Gleichheit erreicht. Tiefensee betonte: „Der Aufbau Ost ist kein Selbstläufer. Wir brauchen endlich eine aktive Wirtschaftspolitik für strukturschwache Regionen – in Ost- und Westdeutschland.“

Der Wirtschaftsforscher Karl Brenke warnte im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst davor, angesichts des starken demografischen Wandels in Ostdeutschland die Region für junge Leute abzuschreiben. „Sicher wird der Osten auch in Zukunft noch attraktiv sein“, sagte der Ostdeutschland-Referent am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). So habe der Osten beispielsweise eine gut ausgebaute Hochschullandschaft, die auch
Studenten aus anderen Regionen anziehe.

„Hier ist es dringend nötig, dass nicht der Rotstift angesetzt wird, wie es in manchen Landesregierungen geplant ist“, mahnte Brenke. Drastische Kürzungen im Hochschuletat waren beispielsweise vor kurzem in Sachsen beschlossen worden.