
Nach dem Senat hat auch Präsident Obama eine umfassende Prüfung der amerikanischen Geheimdienste angekündigt. Die Vorsitzende des Geheimdienstausschusses verurteilte die Bespitzelung von Verbündeten scharf.
Nach der wachsenden Empörung über die Spionagetätigkeiten der NSA hat Amerikas Präsident Barack Obama eine generelle Prüfung der mit der nationalen Sicherheit befassten Geheimdienst-Einsätze angekündigt. Zuvor hatte bereits der Geheimdienstausschuss im amerikanischen Senat eine umfassende Untersuchung angekündigt. In Deutschland will sich der Bundestag Mitte November mit der Spähaffäre beschäftigen.
Obama sagte in einem Interview mit dem ABC-Fernsehsender Fusion, die Tätigkeit der Geheimdienste komme auf den Prüfstand. Diese dürften nicht automatisch das tun, wozu sie in der Lage seien. Nach Angaben seiner sicherheitspolitischen Sprecherin Caitlin Hayden hatte Obama bereits im Sommer eine Untersuchung angekündigt, bei der auch der Umgang mit Staatschefs und die Absprachen mit Verbündeten geprüft würden. Der Bericht des Weißen Hauses soll bis zum Ende des Jahres vorliegen.
Abhöraffäre: Die Kanzlerin und ihr Telefon
Es sei eindeutig, dass eine „vollständige Überprüfung“ notwendig sei, sagte auch die Vorsitzende des Geheimdienstausschusses Dianne Feinstein. Die Aufsicht müsse gestärkt und erweitert werden. In dem 15-köpfigen, überparteilichen Komitee waren für Dienstag und Donnerstag Anhörungen zu „Geheimdienst-Fragen“ hinter verschlossenen Türen geplant.
„Ich bin strikt dagegen“, sagte die demokratische Senatorin Feinstein mit Blick auf die Bespitzelung von Verbündeten. Zudem müsse der Präsident persönlich zustimmen, bevor Staatschefs aus verbündeten Ländern überwacht würden. Dass Präsident Barack Obama von der Handy-Überwachung von Bundeskanzlerin Angela Merkel nichts gewusst haben soll, bezeichnete Feinstein als „großes Problem“.
„Deutsche sollten dankbar sein“
Feinstein hatte die Aktivitäten des mächtigen Geheimdienstes nach den Enthüllungen des Computerspezialisten Edward Snowden mehrfach öffentlich verteidigt. Ihre Worte vom Montag gelten als Richtungswechsel.
Obama habe bereits im Sommer eine Untersuchung angekündigt, teilte die sicherheitspolitische Sprecherin des Weißen Hauses, Caitlin Hayden, der Nachrichtenagentur dpa mit. In dieser solle auch der Umgang mit Staatschefs und die Absprachen mit Verbündeten geprüft werden. „Wir haben durch diesen Prozess bereits einige Entscheidungen getroffen und erwarten, weitere zu treffen“, hieß es. Der Bericht des Weißen Hauses soll bis zum Ende des Jahres vorliegen.
Obama will Tätigkeit der Geheimdienste überprüfen lassen
Der republikanische Abgeordnete Peter King verteidigte derweil die Programme der NSA. „Tatsache ist, dass die NSA zum Schutz deutscher Menschenleben mehr unternommen hat als die deutsche Bundeswehr seit dem Zweiten Weltkrieg“, sagte King dem amerikanischer Fernsehsender CNN. Die Deutschen sollten daher dankbar sein, das „Affentheater“ nicht mitmachen zu müssen. „Alle Länder machen es“, sagte King mit Blick auf die Aktivitäten der amerikanischen Geheimdienste. Er frage sich auch, ob die Deutschen den damaligen Senator Obama bei seinem Berlin-Besuch 2008 ausgespäht hätten.
Mit Blick auf Obamas Unwissen über die Bespitzelung von Merkels Handy sagte King: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass er es nicht wusste.“ Merkel soll bis vor wenigen Monaten von der NSA abgehört worden sein – allerdings ohne Wissen Obamas. Das hatte das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf amerikanische Regierungsvertreter berichtet.
„NSA Bespitzelung hat nichts mit Terrorismus zu tun“
Der Journalist Glenn Greenwald widersprach der Behauptung des Weißen Hauses, die Bespitzelung diene dem Anti-Terror-Kampf. „Nichts hiervon hat mit Terrorismus zu tun“, sagte Greenwald im CNN-Interview. „Ist Angela Merkel ein Terrorist? Sind 60 oder 70 Millionen spanische und französische Bürger Terroristen?“ fragte der Journalist, dem Snowden seine Geheimunterlagen übergeben hat. „Hier geht es eindeutig um politische Macht und Wirtschaftsspionage.“
Die amerikanische Regierung hatte die massive Datensammlung ihrer Geheimdienste am Montag abermals als wichtiges Mittel im Kampf gegen Terroristen verteidigt. Auf diese Weise seien seit den Anschlägen vom 11. September 2001 zahlreiche Terrorangriffe vereitelt worden.
Linke fordern „Warnschuss“ für Amerikaner
Im deutschen Bundestag soll die NSA-Affäre am 18. November Thema sein. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar befürwortete in der „Passauer Neuen Presse“ (Dienstagsausgabe) zudem einen Untersuchungsausschuss, wie ihn Grüne, Linke und nun auch die SPD fordern. So könne geklärt werden, „wie sich deutsche Stellen im Zusammenhang mit den Überwachungsaktionen verhalten haben“. Wichtig sei vor allem die Frage „nach der anlasslosen und massenhaften Überwachung der Alltagskommunikation der Bürgerinnen und Bürger“.
Der Unions-Innenexperte Hans-Peter Uhl (CSU) regte mehr Kompetenzen für das Innenministerium an. „Eine Lehre aus der NSA-Affäre muss sein, dass wir uns in den Koalitionsverhandlungen darauf verständigen, die Verantwortung für sichere Kommunikation komplett dem Innenministerium zu unterstellen. Das gilt auch für die Bundesnetzagentur“, sagte Uhl der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Dienstagsuasgabe).
Linksparteichef Bernd Riexinger brachte eine „Strafsteuer“ für amerikanische Unternehmen ins Spiel, um wirtschaftlichen Druck auszuüben. „Wir könnten hier schnell einen ersten Warnschuss absetzen und den amerikanischen Internetriesen, die hier Milliardenumsätze machen und dann mit dem Geld und den Daten aus Europa verschwinden, eine Strafsteuer aufbrummen“, sagte Riexinger der Internetplattform „Handelsblatt Online“.
Seine Co-Vorsitzende Katja Kipping warf Merkel (CDU) in der „Leipziger Volkszeitung“ (Dienstagsausgabe) vor, durch ihre „erstaunliche Blauäugigkeit“ eine „schwere Hypothek für jede Regierung unter ihrer Führung“ zu verantworten. „Bei jeder ihrer Entscheidungen wird man sich künftig fragen, ob die Amerikaner Druck ausgeübt haben.“
