Finanzen

Immobilienfonds lassen sich wieder verkaufen

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Vom 22. Juli an gelten neue Regeln für offene Immobilienfonds. Die Fondsbranche nutzt dies, um den Verkauf kräftig anzukurbeln. Die meisten Anleger dürften davon jedoch kaum eingeschränkt werden.

Es herrscht wieder Schlussverkaufsstimmung in der deutschen Fondsbranche. Am 22.Juli tritt das neue Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) in Kraft und damit neue Regeln für die Rückgabe von Anteilen an offenen Immobilienfonds. Diesen Stichtag nutzt die Fondsbranche, um den Anlegern kurz zuvor Fondsanteile zu verkaufen.

Besonders gut gelingt dies der Union Investment, der Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken. Sie verzeichnet seit Jahresanfang Mittelzuflüsse von gut 1,1 Milliarden Euro netto in offenen Immobilienfonds. Dies geht aus den Branchenzahlen hervor, die der Fondsverband BVI am Donnerstag veröffentlicht hat. „Netto“ bedeutet hier, dass von dieser Zahl der Wert jener Anteile abgezogen ist, die Anleger im Laufe des Jahres zurückgegeben haben. Allein im Mai verkaufte die Union Investment offene Immobilienfonds im Wert von knapp 285 Milliarden Euro.

Deutsche Bank zählt zu den Gewinnern

Damit hat die Fondsgesellschaft den Abstand auf ihren großen Wettbewerber, die Deka der Sparkassen, fast aufgeholt. Auf 21,5 Milliarden Euro kommt die Union Investment bei offenen Immobilienfonds. Die Deka liegt mit 21,9 Milliarden Euro knapp darüber. Die Fondsgesellschaft der Sparkassen profitiert nicht ganz so stark vom Schlussverkaufseffekt. Doch im laufenden Jahr verzeichnet auch sie in diesem Produkt Mittelzuflüsse von bisher 981 Millionen Euro netto. Im Mai jedoch war es vergleichsweise wenig, rund 48 Millionen Euro.

Auch die Deutsche Bank zählt zu den Gewinnern der neuen Regeln für offene Immobilienfonds. Sie verzeichnet seit Jahresbeginn Mittelzuflüsse von 191 Millionen Euro netto. Im Mai wurde die Deutsche Bank noch einmal richtig belohnt: Die Vertriebsmannschaft setzte Anteile im Volumen von 53 Millionen Euro netto ab.

Der Traum von der Immobilie, auch wenn sie mit Tausenden Anlegern geteilt wird, hat bei den Deutschen nicht an Reiz verloren. Offenbar tragen es die Anleger den Fondsgesellschaften auch nicht dauerhaft nach, dass sie bei offenen Immobilienfonds zum wiederholten Mal nicht ihr Produktversprechen eingelöst haben. Diese Produkte sollten gerade kleinen Leuten mit schon geringen Beträgen den Zugang zu den Immobilienmärkten eröffnen, und dies bei börsentäglicher Verfügbarkeit: Die Anleger sollten, wann immer sie wollen, Anteile kaufen und den Fondsgesellschaften wieder zurückgeben können.

Nach einer ersten Krise Ende 2005 und Anfang 2006, die vor allem die Kunden der Deutschen Bank und der Deka erfasst hatte, folgte im Herbst 2008 eine zweite Schließungswelle, die zur kompletten Auflösung einer Reihe von Produkten führte. Derzeit werden offene Immobilienfonds von Morgan Stanley, SEB, Kanam, Credit Suisse und einigen anderen Anbietern abgewickelt. Bei manchen Fonds müssen die Anleger – neben der Unannehmlichkeit, dass sie seit Jahren nicht an ihr Geld kommen – mit deutlichen Vermögensverlusten rechnen. Auch die Union Investment setzte im Frühjahr 2011 die Rücknahme von Anteilen an einem ihrer offenen Immobilienfonds aus.

Kündigungsfristen bleiben bestehen

Der Gesetzgeber reagierte auf die Missstände um offene Immobilienfonds mit Einschränkungen in der Verfügbarkeit. Jetzt bestehen je nachdem, wann ein Anleger gekauft hat, unterschiedliche Regeln: Anteile, die bis zum 31.Dezember 2012 gekauft wurden, kann der Anleger nur mit einer Frist von zwölf Monaten kündigen. Zudem gilt für ihn ein Freibetrag von 30.000 Euro je Kalenderhalbjahr.

Bei Anteilen, die zwischen dem 1. Januar und dem 21.Juli dieses Jahres gekauft wurden oder werden, kommt neben der Kündigungsfrist von zwölf Monaten und dem Freibetrag eine Ersthaltefrist von 24 Monaten hinzu. Dies ist der Zeitraum, die ein Anleger Anteile an einem offenen Immobilienfonds mindestens halten muss. Damit sind offene Immobilienfonds in ihrer Liquidität gegenüber dem ursprünglichen Versprechen stark eingeschränkt.

Für Anteile, die nach dem 21.Juli 2013 gekauft werden, entfällt der Freibetrag wieder. Die Kündigungsfrist von zwölf Monaten und die Ersthaltefrist von 24 Monaten bleiben dagegen bestehen.

Damit ist die künftige Regelung etwas restriktiver als die aktuelle, wie eine Beispielrechnung des Fondsverbands BVI zeigt: Ein Anleger kauft im Januar 2013 Anteile im Wert von 100.000 Euro und erkennt im Januar 2014, dass er schnellstmöglich sein Geld zurückhaben will. Er kündigt den offenen Immobilienfonds im Januar 2014 mit einer Kündigungsfrist von zwölf Monaten. Im ersten Kalenderhalbjahr 2014 kann er sich aufgrund des Freibetrags 30.000 Euro auszahlen lassen und im zweiten Kalenderhalbjahr noch einmal 30.000 Euro. Die restlichen 40.000 Euro bekommt er im Januar 2015 zurück.

Nach der neuen Regelung ist er etwas stärker eingeschränkt: Wenn er im Januar 2014 Anteile im Wert von 100.000 Euro kauft und im Januar 2015 erkennt, dass er sein Geld schnellstmöglich benötigt, so kann er mit einer zwölfmonatigen Frist zum Januar 2016 kündigen. Im Laufe des Jahres 2015 bekommt er kein Geld ausgezahlt und muss bis Januar 2016 warten, bis er die 100.000 Euro dann komplett bekommt.

Die meisten Anleger dürften von den neuen Regeln kaum spürbar eingeschränkt sein. Doch diese Änderung hat offenbar ausgereicht, um dem Vertrieb neue Verkaufsargumente zu geben.