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Auf dem Weg zur erfolgreichen Volksaktie

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Derzeit scheint der Post alles zu gelingen: Höhere Preise, bessere Gewinnaussichten und die Aufnahme in den Euro-Stoxx-50.

Im Moment scheint Frank Appel, dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Post DHL, fast alles zu gelingen. Selbst lange verkaufte Briefmarken bringen auf einmal Zusatzgewinne und versetzen die Anleger in Euphorie. So geschehen im August, als Wirtschaftsprüfer feststellten, dass weniger Marken im Umlauf sind als zuvor angenommen. Deshalb darf die Post einen Teil der Rückstellungen für die spätere Beförderung der Briefe auflösen und daraus einen Extraertrag von 50 Millionen Euro verbuchen. Die leicht skurrile Episode genügte, um an der Börse ein Kursfeuerwerk auszulösen: Weil Appel die Jahresprognose bei der Vorlage der Zwischenbilanz um die unerwarteten Millionen nach oben korrigierte, schoss die Aktie um fast 5 Prozent nach oben.

Aktie macht Anlegern Appetit

Einige Tage später schaffte sogar eine an sich nicht weiter überraschende Meldung, dass die Post den Spielraum für weitere Portoerhöhungen auslotet, zusätzliche Kaufimpulse. Auch die Aufnahme der Postaktie in den Aktienindex Euro-Stoxx-50, den europäischen Ritterschlag für die Postaktie, hatten viele Profis schon auf der Rechnung. Entsprechende Gerüchte sind schließlich seit Wochen im Umlauf. Die offizielle Bestätigung, dass die „Aktie Gelb“ im Index vom 23. September an Arcelor-Mittal ersetzen wird, brachte am Montag trotzdem ein sattes weiteres Kursplus von mehr als 3 Prozent. Die Börsenreaktionen selbst auf ziemlich kalkulierbare oder nachrangige Ereignisse sprechen Bände: Nachdem der Aktienkurs allein in diesem Jahr um mehr als ein Drittel gestiegen ist, wollen immer mehr Anleger auf den fahrenden Zug aufspringen. Auch Kleinigkeiten werden zum Anlass genommen, das Depot im großen Stil aufzufüllen.

“Wir werden eine erfolgreiche Volksaktie“, versprach Appel bei der Hauptversammlung. Ein gewagter Vergleich nach den Erfahrungen, die viele Deutsche mit den einst ebenfalls als „Volksaktie“ angepriesenen Anteilsscheinen der Deutschen Telekom gemacht haben. Doch Appel hat die Zahlen auf seiner Seite. Anfang vorigen Jahres stand die Postaktie noch bei etwa 12 Euro, am Donnerstag war der Kurs fast doppelt so hoch.

Eine Entwicklung, die auch vielen Kleinanlegern wieder Appetit macht. Anfang 2010 lagen gerade 6,6 Prozent der Anteile in den Händen von Privataktionären. Mitte dieses Jahres waren es schon 12 Prozent. Größter Einzelaktionär ist mit 21 Prozent immer noch der Staat, der seine Anteile über die KfW Bankengruppe hält. Die gute Kursentwicklung hat den Rückzug des Bundes beschleunigt: Eine vor vier Jahren von der KfW begebene Wandelanleihe über weitere 4,5 Prozent ist schon ein Jahr vor dem Schlusstermin vollständig umgetauscht worden. Wie es sich für einen international agierenden Logistikkonzern gehört, sind die Postaktien global weit gestreut. Soweit sich die Investoren identifizieren lassen, liegen die größten Pakete bei institutionellen Anlegern in Großbritannien, dicht gefolgt von amerikanischen Fonds.

Analysten weiter überzeugt

Die meisten Analysten sind davon überzeugt, dass die Anleger trotz der hohen Kursgewinne der vergangenen Monate noch immer auf das richtige Pferd setzen. Verkaufsempfehlungen sind die absolute Ausnahme. Die überwiegende Mehrheit der professionellen Beobachter traut der Aktie der Post trotz der hohen Kursgewinne der vergangenen Monate noch einiges zu. Das Geschäftsmodell und die Wachstumstrends seien weiterhin intakt, meint etwa die Landesbank Berlin. Tatsächlich hat die Konjunkturabschwächung dem Konzern bisher wenig anhaben können: Gegen den allgemeinen Branchentrend trotzt er der Flaute. Die Post halte sich wesentlich besser als die relevanten Wettbewerber, meint Sebastian Hein vom Bankhaus Lampe.

In Deutschland treibt der Online-Handel das Paketgeschäft. Zusammen mit neuen Geschäftsfeldern wie dem Postbus, digitaler Werbung oder dem elektronischen „E-Postbrief“ gelingt es dem Konzern, das Spartenergebnis trotz sinkender Erlöse aus dem klassischen Briefversand auf Kurs zu halten. International läuft es vor allem in der Expresssparte weiterhin glänzend. Mengen, Umsätze und Margen sind dort im ersten Halbjahr auf neue Höchstwerte gestiegen.

Lampe-Analyst Hein ist davon überzeugt, dass DHL Express seinen Marktanteil ausbauen konnte. Nicht ganz so schwungvoll, aber immer noch sehr robust zeigen sich das Fracht- und Lagerhausgeschäft. Trotz sinkender Mengen in der Luft- und Seefracht ist es gelungen, die Margen zu halten. Nicht zuletzt der im zweiten Quartal verbuchte Rekord von Lagerhaltungsaufträgen macht dem Konzern Mut. Finanzvorstand Larry Rosen ist jedenfalls davon überzeugt, dass das Wachstumstempo schnell wieder anziehen wird, wenn sich die Konjunktur erholt.

Nach der aggressiven Expansionsphase unter seinem Vorgänger hat Appel den Konzern konsequent auf Effizienz getrimmt. Jetzt erntet die Post die Früchte. Während die Konkurrenten UPS und Fedex ihre Jahresprognosen nach unten revidieren mussten und TNT im zweiten Quartal gar einen riesigen Verlust eingefahren hat, kann es sich Appel trotz der konjunkturell anspruchsvollen Situation erlauben, sogar den Ausblick bis 2015 aufrechtzuerhalten. Der Vorstandsvorsitzende hat seine Versprechen bisher stets eingelöst, und auch die Mittelfristprognose, wonach das operative Ergebnis innerhalb von zwei Jahren um 18 Prozent steigen soll, nehmen ihm viele Analysten ab.

Trotzdem bewertet die Börse die Postaktie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von etwa 15 immer noch deutlich niedriger als die Papiere wichtiger Konkurrenten. UPS etwa kommt auf ein KGV von rund 19, Fedex auf gut 17. Für Markus Glockenmeier von der National-Bank ist schon dieser Bewertungsabschlag ein guter Indikator dafür, dass sich der Kursanstieg trotz schon beachtlicher Zuwächse weiter fortsetzen sollte.