
Was macht eigentlich die Apokalypse? Unser Glossenticker mit ernsten Nachrichten zum Klimawandel und ihren (weniger ernsten) Pointen. Ein Update über Obamas Führungsanspruch als Klimaschützer und die deutsche Klimaskeptikerszene.
+++ 25. Juni. Die Verschärfung der klimapolitischen Gangart durch den US-Präsidenten, die sich schon Anfang des Monats in den neuen Energiestandards für Mikrowellenherde (siehe 5. Juni) abzeichnete, hat sich mit seiner Rede an der Georgetown University konkretisiert. Grundlage ist ein 21seitiger „Action Plan“ für den Klimaschutz. Obama sprach von einer “moralischen Verpflichtung“ gegenüber künftigen Generationen. An der schon 2009 verkündeten Reduktion der Treibhausgas-Emissionen bis 2020 um 17 Prozent, gemessen an den Emissionen von 2005, hält er fest. Allerdings hat er zum ersten Mal seit Jahren eine Reihe von konkreten Einzelmaßnahmen vorgestellt, wie das Ziel erreicht werden soll. Zum Beispiel plant er, die Stromerzeugung mit Windkraft- und Solaranlagen bis 2020 zu verdoppeln. Mindestens sechs Millionen Haushalte sollen bis dahin ihren Strom mit regenerativer Energie erzeugen. Auch an der Sprachregelung hat Obama gearbeitet und an den kleinen Mann gedacht: Anstelle des “Global warming“ benutzt er jetzt nur noch den Begriff “Climate change“, damit der gemeine Amerikaner nicht die Befürchtung haben muss, die ganze Welt allein retten zu müssen. Der Dank war ein spontaner „Thankstorm“ seiner Landsleute auf Twitter. Der Tweet, der die soziale Netzwelt elektrisierte, lautete: „Thank @BarackObama for taking two major steps to fight #climate change: http://t.co/f8ozxckGaj. Über die Beweggründe für eine neue „amerikanische Führerschaft“ in der Weltklimapolitik sowie die konkreten Einzelmaßnahmen hat Obama im Posterformat illustrieren und populär aufbereiten lassen (hier). Die National Security Agency NAS wurde daraufhin angewiesen, jeden Computer mit einem entsprechenden Trojaner zu bestücken. Bildschirme, Fernseher, Mikrowellenherde und Kühlschrankmonitore sollen schon nach dem ersten Einschalten morgen früh mit dem entsprechenden Bildschirmschoner „World Leader against Climate Change“ arbeiten. Neuwagenzulassungen sind nur noch möglich, wenn das mehrfarbige Klimaposter „Action Plan“ werkseitig rechts oben auf der Innenseite der Windschutzscheibe leicht sichtbar angebracht wird.+++
+++ 18. Juni. Die Existenz des beschleunigten, vom Menschen zumindest mit verursachten Klimawandels wird in Deutschland von knapp zwei Prozent der Erwachsenen bestritten. Weniger als zehn Prozent sind als „Klimaskeptiker“ anzusehen, welche die Ergebnisse der etablierten Klimaforscher hinsichtlich der Ursachen, Auswirkungen und vorgeschlagenen Maßnahmen anzweifeln. Das ist das Resultat einer Telefonumfrage bei dreitausend Bürgern zwischen 18 und 93 Jahren, die von Wissenschaftlern um Anita Engels vom KlimaCampus der Universität Hamburg vor zwei Jahren vorgenommen wurde. In der Zeitschrift „Global Environmental Change“ berichten die Wissenschaftler jetzt über die Ergebnisse der Umfrage. Das gesellschaftliche und politische Klima für die Klimapolitik und die Energiewende sei in Deutschland deutlich günstiger als in angelsächsischen Ländern, heißt es in der Studie, insbesondere in Kanada oder etwa den Vereinigten Staaten, wo doppelt beziehungsweise gut dreimal so viele Menschen irgendwie am Klimawandel zweifelten. International gesehen sei die Skeptikerszene in Deutschland übersichtlich. Am Psychogramm des typischen deutschen Klimaskeptikers sind die Forscher allerdings gescheitert, wie das Resumee zeigt: „Den typischen Skeptiker gibt es nicht. Er oder sie hat kein klares politisches Profil, erhebt öffentlich kaum die Stimme, ist kaum vernetzt und in allen Bildungsschichten zu finden. Der deutsche Skeptiker hat zwar eine etwas geringere Abneigung gegen die Energiegewinnung aus Kernkraft und Kohle, entspricht im Prinzip aber dem ‚Mainstream‘.“ Mit solchen Angaben kann der Inlandsgeheimdienst natürlich nichts anfangen. Verschwörungen gegen den Energiewendestaat sind damit unmöglich auf Dauer zu verhindern. Deshalb hat Kanzlerin Merkel am Nachmittag US-Präsident Obama bei dessen Besuch in Berlin um Amtshilfe und um die Herausgabe der NSA-Daten gebeten. +++
+++ 14. Juni. Dramatische Schneeverluste in der Region Los Angeles: Forscher der University of California haben in einer der größten Studie mit einem hoch aufgelösten regionalen Klimamodell gezeigt, dass in den kalifornischen Bergen bis Mitte des Jahrhunderts verglichen mit der Situation Ende des vergangenen Jahrhunderts bis zu 42 Prozent weniger Schnee fallen dürfte, bis Ende des Jahrhunderts sogar 67 Prozent weniger. Die Region werde im Schnitt um vier bis fünf Grad wärmer werden in den nächsten vierzig Jahren. Ob dann überhaupt noch halbwegs befahrbarer Schnee über längere Zeit liegen bleiben wird in den beliebten Wintersportgebieten der San Gabriel Mountains, San Bernardino Mountains, San Emigdio/Tehachapi Mountains und San Jacinto Mountains bleibt offen. „Es bricht mir das Herz als Kalifornier“, wird der Snowboarder Jeremy Jones, Gründer der der Wintersport-Bewegung „Rettet unsere Winter“, in der Pressemitteilung der Universität zitiert. Dem Verein hat sich auch Ex-Gouverneur Arnold Schwarzenegger angeschlossen. Er kündigte an, seine Partei werde die Errichtung von Schneekanonenparks auf den Bergen vom kommenden Winter an mit Millionensubventionen forcieren und eine Heimatschutzprämie auszuschreiben für gelungene Schneemänner in Hollywood-Originalkostümen. +++
+++ 9. Juni. Die Häufigkeit von Überflutungen soll sich, glaubt man neuen japanischen Klimamodellrechnungen, im Laufe dieses Jahrhunderts in einigen Regionen spürbar verändern. In Südostasien, Indien, Ostafrika der nördlichen Hälfte der Anden soll es mit steigenden Temperaturen sehr viel häufiger zu Überschwemmungen kommen. Die Zahl der Menschen, die schweren Hochwassern ausgesetzt sein werden, könnte je nach Temperaturanstieg sieben bis 25 mal so hoch liegen wie noch im 20. Jahrhundert. Seltener werden Hochwasserperioden dagegen in Nord- und Osteuropa erwartet, die Gebiete am Rhein eingeschlossen, sowie in Anatolien, Zentralsien, im zentralen Nordamerika sowie im südlichen Teil Südamerikas. Grundlage für die Modellprognosen Yukiko Hirabayashis von der University of Tokyo sind elf gobale Klimamodelle, die auch für die Analysen des Weltklimarats IPCC genutzt werden. Wie die japanischen Forscher in der Zeitschrift „Nature Climate Change“ (doi:10.1038/nclimate1911) schreiben, sind damit zum ersten Mal mehrere Klimamodelle zusammen ausgewertet und verglichen worden. Entlang großer Flußbecken in Asien, Ozeanien, Afrika und im Nordosten Eurasiens könnten alle zehn bis fünfzig Jahre Extremhochwasser in der Größenordnung der schlimmsten „Jahrhunderthochwasser“ des 20. Jahrhunderts auftreten. Der Schock sitzt jetzt tief. Einzig die Börsenkurse für die Bauindustrie haben nach Bekanntwerden der Flutprognosen massiv angezogen. Japan hat sich bereit erklärt, die Akten der Massenevakuierungen nach der Atomkatastrophe von Fukushima doch noch zu öffnen und seine Spezialisten für den Aufbau einer internationalen Schlammhelmtruppe in die Hochwasserkrisengebiete zu entsenden. +++
+++ 6. Juni. Der Auslöser für die Überschwemmungen in weiten Teilen Süddeutschlands und den Nachbarländern könnte gefunden sein: Stehende planetare Wellen in der höheren Atmosphäre. Klimaforscher Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) hat die wissenschaftlichen Hintergründe dazu in seinem Blog erläutert und an jenes Paper in den „Proceedings“ der amerikanischen Nationalen Akademie der Wissenschaften erinnert, das er zusammen mit PIK-Kollege Wladimir Petoukhov im Februar veröffentlichte. Darin wird ein Zusammenhang hergestellt zwischen dem gehäuften Auftreten von Extremwetterereignissen wie der Elbeflut 2002, der Oderflut 1997 oder dem Jahrhundertsommer 2003 und der russischen Rekordhitze 2010.Das verbindende Phänomen sind die ausprägten, Starkwinde ab 7 Kilometern Höhe über der Nordhalbkugel, Jetstreams, die sich wellenartig aufschaukeln können und dann zum Beispiel über Europa außergewöhnlich ortsfest sind. Je nach Lage bleibt die vorherrschende Wetterlage am Erdboden dadurch fast unverändert, also entweder als Hitze oder Dauerregen. Im Mai diesen Jahres war das Ergebnis ein hartnäckiges Tiefdruckgebiet über Europa. Rahmstorf sieht „Hinweise“, dass die Resonanzbedingungen in der Atmosphäre, die zum Aufbau solcher ausgeprägter Rossby-Wellen nötig sind, seit 2003 gehäuft auftreten. „Nicht mit Gewissheit“ könne allerdings gesagt werden, ob das eine Anomalie und Folge des Klimawandels ist. Förderlich könnte die Erwärmung der Arktis und damit die fortschreitende Temperaturannäherung zwischen Norden und Süden sein, schreibt Rahmstorf. Genaues weiß man allerdings nicht. Es fehle die Rechenpower, so schreibt er in seinem Blog, um entsprechende Wellen in räumlich hoch aufgelösten Klimamodellen zu simulieren. Rahmstorf meinte natürlich das Geld , das fehlt. Die fällige Spendenaktion zugunsten notleidender Klimaforscher soll allerdings erst starten, wenn der Schlamm aus den Häusern in Passau, Halle und anderswo entfernt und die Flutopfer den Sperrmüll abholbereit vors Haus stellen. Möglicherweise findet man darunter einige Personalcomputer mit Restfunktionen, die man in Potsdam zum Aufbau eines Klimarechenparks neben dem Einsteinturm nutzen will. +++
+++ 5. Juni. Ein amerikanischer Blogger hat enthüllt: Die Regierung Obamas hebt die indirekten sozialen Kosten, die durch die Emission von Kohlendioxid und in Folge dessen durch den anthropogenen Klimawandel entstehen, um knapp 60 Prozent an. David Roberts will in seinem Artikel in „Grist“ nicht ausschließen, dass die Neubewertung ein mögliches Zeichen für eine radikale Wende in der Klimapolitik Obamas ist. Anlass war eine Neubewertung einer Zwischenbehördlichen Arbeitsgruppe im White House Office of Management and Budget, das nichts weniger als neue Energiestandards für Mikrowellenherde festgelegt hat. Im Blog des Weißen Hauses wurde das den Bürgern unlängst nahegebracht. In dem entsprechenden technischen Papier dazu werden die Energieeffizienzanforderungen mit dem Hinweis angehoben, dass jede freigesetzte Tonne Kohlendioxid die Folgen der globalen Klimaerwärmung verschlimmert. Um zu berechnen, wie viel das jeweils ist, hat man neuere Klimafolgenmodelle verwendet, die die Schäden etwa durch den Meeresspiegelanstieg oder anderer Faktoren zusammen genommen um etwa 60 Prozent höher bewerten. Roberts meint in seinem Blog, dass juristisch gesehen nun auch entsprechend höhere Investitionen der Regierung in die Klimapolitik gerechtfertigt wären. Obamas Sprecher hat das bestätigt. In einem ersten Schritt werde man die Truppenstärke der Klimakonferenz-Delegation für Warschau von bisher 20 auf 32 (+60 Prozent) Ministerialreisende aufstocken. +++
