Gleich mehrere Parteien haben die Europawahl zur Schicksalswahl erklärt. Die Bürger sollen sich engagieren – gegen Fake News und Rechtspopulisten. Einfach wird das nicht.
Es ist ein schöner Gedanke: Sonntags, nach dem Mittagessen gegen 14 Uhr in die Innenstadt fahren, die Europafahne ausrollen, um eine Stunde lang zusammen mit vielen anderen Flagge zu zeigen für eine gute Sache – für Europa. Das war das Prinzip von „Pulse of Europe“. Hunderte kamen 2016 auf den Goetheplatz in Frankfurt, wo alles seinen Anfang nahm, später wurden es immer mehr. Eine große Bewegung, die sich erst in Deutschland verbreitete, dann in ganz Europa. Endlich war der Aufstand der Anständigen da, die sich unter dem Eindruck des Brexits, der Wahl von Donald Trump in Amerika und den Erfolgen der AfD für die europäische Sache engagieren wollten.
Zu den Hochzeiten gingen 2017 bis zu 80.000 Menschen europaweit dafür auf die Straße. Daniel Röder, ein Anwalt aus Frankfurt, der mit seiner Frau die Idee zu „Pulse of Europe“ hatte, wurde oft nach dem Erfolgsrezept seiner Initiative gefragt. Er sprach dann von Niedrigschwelligkeit – jeder könne sich engagieren, eine Stunde am Sonntag genüge dafür schon. Man musste sich nicht langfristig an eine Partei binden, um ein Zeichen zu setzen, oder die Abende beim Ortsverein verbringen. „Pulse of Europe“ beeindruckte auch die politischen Parteien, weil die Bewegung alles zu haben schien, was ihnen fehlte. Inzwischen wird Röder gefragt, warum die vielen tausend irgendwann nicht mehr kamen. Warum es an den Sonntagen leerer geworden ist auf den Plätzen der Republik.