Leben & Gene

Genforscher zu „Crispr-Babys“: Wir nennen es unverantwortlich

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Anwendung des Crispr/Cas9-Verfahrens: Mikroinjektion von Zebrafischembryonen im Berliner Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin

Nach dem chinesischen Anschlag auf das Ansehen der Genforschung: Hat der behauptete Eingriff ins Erbgut von Babys die Selbstkontrolle der Wissenschaft Lügen gestraft? Eindrücke vom Gen-Gipfel in Hongkong. Ein Gastbeitrag.

Was kann, was könnte und was darf das sogenannte Genom-Editieren leisten, wenn es forschend und heilend an menschlichen Zellen, an menschlichen Patienten eingesetzt wird? Dem Ringen um Antworten auf diese strittigen Fragen sollte schon Ende 2015 ein internationales Gipfeltreffen dienen, zu dem die Wissenschaftsakademien der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und Chinas eingeladen hatten. Damals nämlich begann der Boom der Gen-Scheren wie Crispr-Cas9, mit denen man die Genfunktionen aller Lebewesen durch das Entfernen oder Ersetzen molekularer Buchstaben (Basen) ihrer Genome verändern kann.

Die Folgekonferenz in Hongkong vergangene Woche versammelte 400 Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaftler, um Zwischenbilanzen zu ziehen. Dann aber raste am Vorabend der Konferenz die Nachricht von der behaupteten Geburt der beiden ersten Crispr-Babys um die Welt. Stolzer Täter: der chinesische Genforscher Jiankui He, der in Hongkong als Redner vorgesehen war. Angeblicher Eingriff: das Ausschalten eines Gens, das HIV-Infektionen ermöglicht. Angebliches Resultat: die Geburt gesunder Zwillingsmädchen Anfang November. So also begann die Konferenz mit dem Paukenschlag eines wissenschaftlichen und ethischen Tabubruchs, dessen Bedeutung zum unvorhergesehenen Subtext der Veranstaltung wurde.