Ausland

Rückzug des Ministers: Berlin lobt James Mattis

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Gesprächsbedarf? James Mattis und Donald Trump im Oktober 2018

Der Rücktritt des amerikanischen Verteidigungsministers James Mattis wird von der Bundesregierung ungewöhnlich stark kommentiert. Nicht nur mit Bedauern, sondern auch Sorge.

Üblicherweise mischt sich die Bundesregierung nicht mit öffentlichen Kommentaren in die Umbildung von Regierungen ihrer Partnerländer ein. Auch politische Schritte von befreundeten Staaten werden – wenn überhaupt – mit diplomatischer Zurückhaltung kommentiert. Nach der Rücktrittsmitteilung des amerikanischen Verteidigungsministers James Mattis, der Ankündigung des Rückzugs der amerikanischen Truppen aus Syrien durch Präsident Donald Trump und der Verbreitung von Berichten, es stehe möglicherweise auch ein Teilabzug amerikanischer Soldaten aus Afghanistan bevor, reagierte Berlin am Freitag aber außergewöhnlich deutlich. Die Regierung ebenso wie Fachpolitiker des Bundestages.

Zum bevorstehenden Syrien-Abzug der Amerikaner sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Freitag, die Bundesregierung habe die Entscheidung, „über die sie vorab nicht informiert worden ist“, zur Kenntnis genommen. „Als Verbündeter und Teil der Anti-IS-Koalition hätten wir vorherige Konsultationen mit der US-Regierung über einen Abzug der US-Truppen als hilfreich empfunden.“ Immerhin teilte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Jens Flosdorff, mit, dass der deutsche Einsatz mit Aufklärungsjets über Syrien durch den Schritt Trumps nicht direkt betroffen sei. Auf die Frage, ob Amerika noch ein „verlässlicher“ Partner sei, vermied Demmer mehrfach eine Bestätigung und sprach stattdessen von einem wichtigen Partner, mit dem Deutschland eine tiefe Freundschaft und gemeinsame Werte verbinde.

Schwerer als die Ankündigung Trumps über Syrien wiegen für Berlin Berichte, Washington erwäge auch, einen erheblichen Teil seiner Streitkräfte aus Afghanistan abzuziehen. Im Bericht einer amerikanischen Zeitung war die Rede davon, dass etwa die Hälfte der 14.000 amerikanischen Soldaten zurückgeholt werden solle. Zwar hatte man in Berlin am Freitag noch keine belastbaren Informationen, ob es tatsächlich so geplant sei. Man kenne nur „Spekulationen“, sagte Flosdorff. Die Bundesregierung bemüht sich derzeit auf unterschiedlichen Ebenen zu prüfen, ob Washington tatsächlich einen größeren Abzug plant. Unabhängig davon machte Flosdorff deutlich, wie bedeutend für die Bundeswehr der Einsatz des wichtigsten Nato-Landes am Hindukusch ist. „Die USA stellen ein ganz wichtiges Kontingent für diesen Einsatz. Sie stellen den Kommandeur. Sie bilden das Rückgrat des internationalen Engagements in Afghanistan.“ Und dann: „Das ist ein wirklich unverzichtbarer Partner.“ Auf die Frage antworten, in welchem Umfang die Bundeswehr einen Abzug amerikanischer Truppen verkraften könnte, wollte Flosdorff nicht antworten.

Sehr deutlich wurden in Berlin auch Außen- und Sicherheitspolitiker. Zwar habe es immer wieder Überlegungen gegeben, die Truppenpräsenz in Afghanistan anzupassen, sagte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt (CDU). Das sei aber „gemeinschaftlich“ in der Nato geschehen. Hardt erinnerte daran, dass anders als in Syrien der Einsatz „Resolute Support“ in Afghanistan ein integrierter Nato-Einsatz sei, in dem die Fähigkeiten der teilnehmenden Partner eng aufeinander abgestimmt seien. „Dies muss die US-Führung berücksichtigen.“

Besonders hart zeigten sich Regierung und Parlamentarier jedoch von der Nachricht getroffen, dass Mattis sich von seinem Posten im Pentagon zurückziehen werde. Hardt sprach von einer „Zäsur“ für die Außen- und Sicherheitspolitik Amerikas, aber auch für die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit. Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, der CDU-Abgeordnete Henning Otte, sagte, der Rücktritt von Mattis wie die Berichte über ein vermindertes Afghanistan-Engagement bereiteten ihm Sorge. Flosdorff sagte, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bedaure die Entscheidung von Mattis „sehr“. Er sei immer verlässlich und ein „Stabilitätsanker“ gewesen. Die stellvertretende Regierungssprecherin äußerte sich ebenfalls in diesem Sinne. Selten ist in Berlin eine politische Personalie eines anderen Staates so offen kommentiert worden.