Mode & Design

Parfum Arizona: Proenza mal flüssig

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Belebend scheint der Duft noch nicht zu wirken: Ein Taxifahrer in London zeigt sich unbeeindruckt von der Anzeige mit dem Arizona-Model Vittoria Ceretti.

Ihr erstes Parfum riecht nach einer Strategie: Das Designer-Duo Proenza Schouler macht sich mit Arizona auch außerhalb der Modeszene bekannt.

Schon bei der Ankunft waren sie überwältigt. Am Morgen landeten sie in Frankfurt, stiegen aus – und sahen auf allen Werbeflächen am Flughafen Anzeigen und Filme für ihr neues Parfum Arizona. Kein schlechtes Gefühl für Lazaro Hernandez und Jack McCollough, die zwar mit ihrer Marke Proenza Schouler in der Modeszene bekannt sind – aber im Rest der Welt noch buchstabiert werden müssen. „Wahnsinn! Die Bilder waren überall!“

Jack McCollough gibt sich am Nachmittag desselben Tages keinen Illusionen hin: „Wahrscheinlich ist die Werbung sofort umgesprungen, als wir im Auto in Richtung Stadt saßen.“ Und so war es wirklich, wie ihnen ein Manager später gesteht. Der Vermarkter hatte es mit der Flughafen-Außenwerbung abgemacht: Als die beiden abfuhren, wechselten die Werbeflächen zu anderen Motiven.

Dem Duft täte eine Dauerwerbesendung gut. „Wir müssen am Markenbewusstsein arbeiten“, sagt Lazaro Hernandez. „Denn unsere Preise sind nicht so demokratisch.“ Soll heißen: Für einen 2000-Euro-Mantel oder ein 60-Euro-Eau-de-toilette (30 ml) zahlt man nur dann, wenn der Name bekannt ist und die Marke begehrenswert. Am Abend zeigt sich, dass sie auf dem Weg dorthin doch schon weit sind: Als sie in der Douglas-Filiale an der Zeil ihr Parfum vorstellen, wollen Hunderte Fans Flakons und Selfies.

Für die beiden Modemacher ist der Duft, der im Februar in den Vereinigten Staaten auf den Markt kam und nun auch in Europa, ein großer Schritt. 2002 gründeten sie ihre Marke, die nach den Mädchennamen ihrer Mütter benannt ist. „Wir waren damals 22 Jahre alt“, sagt Lazaro mit einem Anflug früher Wehmut.

Seitdem ging es stürmisch voran: die erste Schau bei der New Yorker Modewoche- der Auszug aus dem alten Atelier in Chinatown mit dem Lastenaufzug, in dem ein alter Chinese seine Nudelsuppe verzehrte- der erste von bisher fünf Preisen des amerikanischen Designerverbands CFDA- der Aufstieg zur spannendsten jungen amerikanischen Modemarke- 2008 die erste Tasche, die PS 1, die zum Geldbringer wurde- 2012 der erste Laden- dann der Einstieg von Investoren, die heute mehr als die Hälfte der Anteile halten. Es ging immer schneller. „Und heute ist das Tempo höher als je zuvor“, sagt Jack McCollough.

Kein Wunder, dass sie nach jeder Schau wegfahren, auch um aus New York wegzukommen. 2015 führte sie ein Roadtrip durch Arizona. Sie schauten sich Land Art an – Donald Judd, Walter De Maria, James Turrell – und natürlich die spektakuläre Wüstenlandschaft des Bundesstaates an der Grenze zu Mexiko. „Da hatten wir oft nicht mal Handy-Empfang“, sagt Lazaro Hernandez. „Und plötzlich bekamen wir ein Gefühl dafür, wie es ist, ganz weit weg von allem zu sein. Der Eindruck war umso stärker, weil auch wir in New York oft überwältigt sind von zu vielen Informationen.“ Da halfen ihnen der Horizont, der Himmel und die Sonnenuntergänge: „Arizona“, sagt Jack, als wäre er noch ganz benommen, „ist wie eine Phantasmagorie.“

Neue Perspektiven für die Mode

Besonders der Kerzenkaktus, der nur einmal im Jahr blüht, tat es ihnen an. Der Blütenduft wurde neben dem Iris-Akkord zum bestimmenden Bestandteil von Arizona. Bisher hatte ihn noch nie jemand in eine Flasche gebannt. Die Fachleute vom Kosmetikkonzern L’Oréal, mit dem die Designer ihr Parfum herausgeben, schafften es mit der patentierten „Living“-Technik, die den Duftstoff der seltenen Wüstenblume gewinnt, ohne ihr zu schaden.

Außerdem schnüffelten sich die beiden mit den Parfümeuren Carlos Benaïm und Loc Dong durch ein paar Jahrhunderte. Hängengeblieben sind die starken Duftstoffe Moschus und Patschuli, die man heute offenbar wieder riechen kann.

Am Erfolg des Projekts scheinen sie nicht zu zweifeln. Jack erzählt, seine Mutter habe schon Freundinnen versorgt und mehrmals angerufen: „Wir brauchen noch mehr Flaschen.“ Für ihre Modemarke könnten sich jedenfalls neue Perspektiven ergeben. „Wir würden gerne nach Brooklyn ziehen, ans Wasser, mit Blick auf Manhattan“, meint Lazaro. „Wahrscheinlich ist das jetzt schon teurer als Manhattan“, sagt Jack. Vielleicht könnte ein weiterer Investor helfen? Was würden sie zum Beispiel sagen, wenn Bernard Arnault aus Paris anriefe, der LVMH-Chef? „Bonjour!“