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Fahrbericht SUV Cullinan: Endlich wird Rolls-Royce praktisch

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Der Basispreis von 315.350 Euro ist keine große Überraschung.

Auf der Straße bietet auch dieser Rolls-Royce das, was man erwartet: Majestätisch schreitet er voran, das Triebwerk säuselt nur. Und im Gelände ist der Cullinan nicht untalentiert.

Der Blick auf den Basispreis ist keine große Überraschung: Auf 315.350 Euro beläuft sich dieser für das neue Rolls-Royce-SUV Cullinan. Doch betritt die englische BMW-Tochter Neuland. Es ist das erste SUV aus Goodwood, selbstverständlich hat es Allradantrieb, es gibt eine Anhängerkupplung ab Werk für eine Anhängelast von 2,7 Tonnen, und die Mehrzahl der Kunden wird wohl eine schnöde Dreier-Bank für den Fond bestellen, die sich elektrisch umklappen lässt, asymmetrisch geteilt.

Rolls-Royce-Chef Torsten Müller-Ötvös glaubt, der neue Cullinan, benannt nach dem größten jemals gefundenen Diamanten, werde der absatzstärkste Rolls-Royce, „schon, weil er der praktischste ist.“ Die Mehrheit der Kunden werde die Dreiersitzbank bestellen, Einzelsitze hinten und die Bar in der Mittelkonsole gebe es aber selbstverständlich auch. Die bisherige Reaktion der Kunden sei schon mal vielversprechend, wer heute bestelle, müsse bis Herbst 2019 warten.

Geliefert wird dann ein 5,34 Meter langer, zwei Meter breiter und 1,84 Meter hoher Koloss, der allerdings bei seiner Presse-Präsentation in den Weiten von Wyoming zwischen all den riesigen Trucks und Pick-ups gar nicht groß auffällt. Vor allem, wenn er sich zuvor ein wenig schmutzig gemacht hat. Leichtes bis mittelschweres Gelände darf man dem edlen SUV durchaus zutrauen, auch wenn es kein Untersetzungsgetriebe hat. Der V12-Motor mit 571 PS aus 6,75 Liter Hubraum und einem maximalen Drehmoment von 850 Newtonmeter bei nur 1600 Umdrehungen in der Minute brauche so etwas auch nicht, heißt es.

Der Offroad-Knopf in der Mittelkonsole sorgt mittels Luftfederung dafür, den 2,7 Tonnen schweren Wagen um 40 Millimeter anzuheben, außerdem können verschiedene Fahrprogramme je nach Untergrund ausgewählt werden. Zudem hat der Cullinan eine Bergabfahrtkontrolle fürs Gelände, die hilft, eine gewisse Geschwindigkeit bis zu maximal 20 km/h einzuhalten.

Tatsächlich ist der Rolls-Royce im Gelände nicht untalentiert, 22 Zoll große Räder sorgen schon mal für eine gute Bodenfreiheit. Dass es beim Krabbeln über Stock und Stein aber schon mal jammert und ächzt im Gebälk des klassisch gestalteten Armaturenbretts, sei angemerkt. Zur ersten Verfügung standen freilich nur Vorserienfahrzeuge. Auf der Straße bietet der Cullinan das, was man von einem Rolls-Royce erwartet: Majestätisch schreitet er voran, das Triebwerk säuselt nur.

Wer glaubt, das Gaspedal voll durchdrücken zu müssen, kann in 5,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h sprinten, die Höchstgeschwindigkeit ist auf 250 km/h begrenzt. Auch dieser Rolls-Royce hat keinen Drehzahlmesser, sondern das Potentiometer, das anzeigt, wie viel Kraft noch zu Verfügung steht. Es gibt keine digitalen Instrumente, wohl einen Navigations-Monitor und einige elektronische Helfer wie Rückfahrkamera oder einen adaptiven Tempomaten. Der Motor treibt nicht nur alle vier Räder an, es werden auch alle vier Räder gelenkt, die hinteren schwenken um bis zu drei Grad mit, beim Einparken tun sie das gegenläufig. Auch die Türen öffnen so.

Zugang in den 600-Liter-Laderaum gewährt eine elektrisch öffnende Heckklappe, die horizontal zweigeteilt ist. Das untere Drittel eignet sich prima zum Sitzen während eines Picknicks, das mögen die Engländer. Nach dem Umklappen der Rückbank ergibt sich keine ebene Ladefläche, kaschiert werden kann das mit dem elektrischen Anheben des Bodens, der die Kante verschwinden lässt. Das maximale Ladevolumen beträgt 1600 Liter.

Der dicke V12-Zylinder ist der einzige Motor im Angebot, es sei auch keine weitere Variante in Vorbereitung, heißt es. Allerdings werde an einem rein elektrischen Rolls-Royce gearbeitet, vor dem Jahr 2020 komme der jedoch nicht auf den Markt. Bis dahin darf der V12-Motor im Cullinan nach der Norm noch 15 Liter Superbenzin verbrennen (341 g/km CO2). Der Wert für den Stadtverkehr von 22 Litern dürfte der Realität näher sein.